Jazz-Schlagzeuger Ronald Shannon Jackson ist tot

Er verband die Improvisationstechnik des Free Jazz mit den treibenden Rhythmen des Funk. So machte Ronald Shannon Jackson die Avantgarde tanzbar. Nun ist der Schlagzeuger im texanischen Fort Worth gestorben. Er wurde 73 Jahre alt.

"He's the slam-bangingest drummer since Elvin Jones", schrieb die New Yorker "Village Voice" 1983 über Ronald Shannon Jackson. Und auch wenn "slam-banging" nicht die Sorte Wort ist, die leicht im Wörterbuch zu finden ist, so ist doch anzunehmen, dass gemeint ist: Ronald Shannon Jackson konnte ganz schön reinhauen. Es war aber natürlich nicht seine einzige Qualität, was man schon daran sieht, dass er mit Größen der Jazz-Avantgarde wie Cecil Taylor, Albert Ayler und Ornette Coleman zusammenspielte.

Mit Coleman, einem der Erfinder des Free Jazz, teilte er auch die Geburtsstadt. Ronald Shannon Jackson kam am 12. Januar 1940 im texanischen Fort Worth zur Welt. Seine Mutter spielte in der Kirche die Orgel und sein Vater hatte den laut "Jazz Times"  einzigen von einem Afroamerikaner geleiteten Plattenladen in der Stadt: "Ich wuchs in einer Umgebung auf, in der zu jeder Stunde Musik gehört wurde", sagte er einmal.

Nach einer College-Ausbildung in Missouri kam Jackson mit einem Stipendium an die New York University, wo er sich bald als Schlagzeuger einen Namen machte. Unterbrochen wurde seine Karriere durch Jahre der Heroinsucht, in denen er nach eigener Aussage nicht die spirituelle Kraft zum Spielen fand. Der Buddhismus half ihm, von der Droge loszukommen. Von Taylor, Coleman und Ayler eignete er sich einen Experimentiergeist an, dem er ab 1978 mit seiner eigenen Band, der Decoding Society, freien Lauf ließ.

Von 1980 an veröffentlichte Ronald Shannon Jackson and the Decoding Society eine Reihe von Alben, die von der Kritik sehr gelobt wurden. "Melodien entstehen aus den Rhythmen, die ich spiele" sagte Jackson der "New York Times" Anfang der Achtziger über Alben wie "Nasty", "Mandance" oder "Barbecue Dog", die sich auch afrikanischen Einflüssen öffneten und keine Berührungsängste zu Pop und Rock hatten.

"Ein Stück Barbarentum und Wildheit"

Zusammen mit dem Gitarristen James "Blood" Ulmer arbeitete Jackson an zwei Free-Funk-Alben, ein Stil, den die "Neue Zürcher Zeitung" so definierte: "Dabei werden die Improvisationsprinzipien des Freejazz Colemanscher Prägung mit erdigen Funkrhythmen unterlegt, was zu einer tanzbaren Avantgardemusik gerät."

Mit dem Wuppertaler Saxophonisten Peter Brötzmann, sowie mit Bill Laswell und Sonny Sharrock bildete Jackson 1986 die Free-Jazz-Supergroup Last Exit. Sie brachten "ein Stück Barbarentum und Wildheit zurück auf die Szene", befand der SPIEGEL seinerzeit .

In den neunziger Jahren hielt Jackson eine Nervenkrankheit im linken Arm vom Schlagzeugspielen ab, doch ab 2005 ging er wieder auf Tour. Zusammen mit Vernon Reid und Melvin Gibbs bildete Jackson eine neue Band namens Encryption. Als diese 2011 beim Moers Festival auftreten sollte, erlitt er auf der Anreise eine leichte Herzattacke. Er verließ das Krankenhaus auf eigene Verantwortung, um das Konzert zu spielen, und ließ sich danach weiter behandeln.

Am Samstag ist Ronald Shannon Jackson in seinem Haus in Fort Worth gestorben, wie sein Management am Montag bestätigte. Er war an Leukämie erkrankt. Jackson wurde 73 Jahre alt.

feb/dpa

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