Rückzug ins Internet George Michael nimmt Abschied von der Musikindustrie
London - Der Popstar kündigte während der Promotiontour für sein neues Album "Patience" (Veröffentlichung am kommenden Montag) seinen Rückzug aus dem Musikbusiness an. Der 40-jährige Sänger ("Faith") sagte in einem Interview mit BBC Radio 1, er wolle nie wieder ein Album veröffentlichen, das in Plattenläden zum Verkauf steht. Stattdessen möchte er seine Songs umsonst im Internet anbieten.
Er brauche das Geld nicht und habe auch kein Interesse am Ruhm. "Ich bin für mein Talent sehr gut bezahlt worden", sagte Michael dem Sender. Der Entschluss befreie ihn von dem jahrelangen Produktionsdruck der ihn "fast umgebracht" habe. Das letzte reguläre Album des Sängers erschien 1996.
Sich aus allen finanziellen Dingen herauszuhalten, sei seine Entscheidung für die eigene Unabhängigkeit. "Ich werde nicht so tun, als wäre ich nicht mehr berühmt, aber wenn man sich aus den finanziellen Aspekten der Dinge herauszieht, dann verdient man für niemanden mehr Geld und man verliert auch kein Geld, das anderen gehört."
Mit den Geldbeiträgen der Fans für das Runterladen seiner Musikstücke über das Internet will Michael wohltätige Organisationen unterstützen.
Mit Kritik an der Musikindustrie hat der britisch-griechische Popstar noch nie gespart. In einem Bericht der "Sunday Times" machte er Gier und Zynismus für den Niedergang der britischen Musikindustrie verantwortlich. 1993 verklagte George Michael seine damalige Plattenfirma Sony Music, um aus einem Plattenvertrag herauszukommen, den er als Knebelung empfunden hatte. Das Label Virgin sprang mit einem neuen Vertrag und hohem Vorschuss ein. Mit den Singles "Freeek" und "Shoot the Dog" wechselte er im vergangenen Jahr zu Polydor/Universal. Sein neues Album "Patience" erscheint nun jedoch wieder bei Sony.
Die technische Umsetzung und Vermarktung seiner Internet-Präsenz möchte Michael trotz seiner schlechten Erfahrungen dennoch der Plattenindustrie überlassen. Mit seinem Rückzug "von all der Negativität" hoffe er persönlich glücklicher zu werden und "etwas Positives mit seiner Musik zu bewirken". Für das Gelingen des "beispiellosen Experiments" seien aber auch die Fans und ihre Spendenbereitschaft mitverantwortlich.
Ganz so beispiellos ist die Flucht ins Internet allerdings nicht: Der von der Musikbranche ebenso frustrierte Sänger und Multiinstrumentalist Prince veröffentlicht neue Musik schon seit mehreren Jahren ausschließlich über das Internet.