

Um Ennio Morricone auf die Palme zu bringen, muss man ihn nur auf "Spaghetti-Western" ansprechen. Dann explodiert der sonst dezente Römer, der weltberühmt ist für Melodien, die er, nun ja, für Spaghetti-Western wie "Eine Handvoll Dollar", "Mein Name ist Nobody" oder "Spiel mir das Lied von Tod" komponierte. Dann schimpft der, von seinen Verehrern gern "Maestro" genannte Künstler, dass er überhaupt nicht wisse, was diese Spaghetti-Western überhaupt sein sollen. Und fügt hinzu, dass er für Hunderte Filme Musiken schrieb und nur wenige davon Western waren.
Es wäre interessant zu wissen, wie Quentin Tarantino mit Morricone über eben diese Western sprach. Ob der Amerikaner so gut vorbereitet war, dass er taktvoll den strittigen Begriff vermied? Oder war der Italiener gegenüber seinem Verehrer aus Hollywood großzügig? Egal. Fest steht, dass Ennio Morricone für Quentin Tarantinos Spaghetti-Western "Django Unchained", der gerade in den Kinos angelaufen ist, eine Original-Komposition beisteuerte. Womit sich für den Morricone-Verehrer Tarantino ein lang gehegter Wunsch erfüllte. Der Regisseur hatte bereits mehrfach versucht, den 84-Jährigen zu engagieren. Zuletzt für "Inglorious Basterds". Morricone lehnte damals ab, weil ihm der Zeitplan zu hektisch war, und Tarantino behalf sich, wie zuvor bei "Kill Bill I" und "II", mit ein paar alten, gebrauchten Morricone-Nummern.
Ehren-Oscar
Der "Django Unchained"-Soundtrack ist eine Art cooler Spaghetti-Western-Mix-CD. Er bietet alte Nummern von Genre-Könnern wie Luis Bacalov und Riz Ortolani, neue Tracks von Rick Ross, John Legend und Anthony Hamilton, sowie lässig eingestreute Dialog-Fetzen. Aber der Coup bleibt der neue Ennio-Morricone-Song "Ancora Qui". Der ist eine dieser wehmütigen Balladen, die Morricone schon immer lässig aus dem Ärmel schüttelte, gesungen und mitkomponiert von der Italienerin Elisa.
Ennio Morricone ist einer der wichtigsten und erfolgreichsten Filmmusikkomponisten aller Zeiten. Für mehr als fünfhundert Filme lieferte der Römer Melodien, dazu kommen zahlreiche Avantgarde- und Poparbeiten. Es waren auch seine effektvollen Kompositionen, angereichert mit Pistolen-Schüssen und Peitschen-Knallen, die die Filme seines ehemaligen Mitschülers Sergio Leone, wie "Zwei glorreiche Halunken" oder "Spiel mir das Lied vom Tod", berühmt machten und bis heute als "definitive" Western-Soundtracks gelten. Aber dass Morricone darauf nicht reduziert werden mag, ist verständlich. Immerhin zauberte er für viele andere Filme mindestens so gute Melodien, so wie für "Clan der Sizilianer", "Es war einmal in Amerika" oder "Mission". Dass Ennio Morricone nie regulär für eine Filmmusik mit einem Oscar ausgezeichnet wurde (im Gegensatz zu Phil Collins!), ist ein grotesker Witz. Da half auch nicht der, angeblich auf Drängen von Robert De Niro, 2008 nachgereichte Ehren-Oscar.
Das Problem liegt vielleicht darin, dass der stolze Römer Ennio Morricone stets ablehnte, nach Hollywood umzuziehen. Ja, er weigert sich sogar, Englisch zu sprechen. Und behauptete sogar einst, dass er sich bei Aufträgen aus den USA weniger Mühe gebe. Eine Diva eben. Vermutlich wird ihn der Tarantino-Auftrag trotzdem gefreut haben.
Und vielleicht durfte der Amerikaner ja sogar ungestraft "Spaghetti-Western" sagen.
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Filmkomponist Ennio Morricone hat in seinem Leben für mehr als fünfhundert Filme Melodien geliefert.
Aber erst für den Film "Django Unchained" schaffte es Regisseur Quentin Tarantino (hier in Rom im Januar 2013), ihn zu einer Mitarbeit zu überreden.
Morricones effektvolle Kompositionen machten die Filme seines ehemaligen Mitschülers Sergio Leone erfolgreich, wie z.B. "Für eine Handvoll Dollar" (1964, mit Clint Eastwood und Marianne Koch).
Berühmt sind Morricones Melodien zum Film "Spiel mir das Lied vom Tod" (1968, mit Charles Bronson), allerdings wehrte er sich immer gegen die Klassifizierung "Spaghetti-Western".
Für den Western "Mein Name ist Nobody" (1973, mit Terence Hill) lieferte Sergio Leone nur das Drehbuch, Morricone aber eine seiner besten Musiken.
Bei "Django Unchained" hat Quentin Tarantino nicht nur das Buch geschrieben und Regie geführt: Er hat sich selbst auch wieder einen ausgiebigen Gastauftritt verpasst.
Im Mittelpunkt stehen aber dennoch Christoph Waltz (Dr. King Schultz) und Jamie Foxx (Django), die als Kopfgeldjäger gemeinsam Jagd auf Gangster machen.
Dass diese auschließlich weiß sind, überzeugt Django: "Du tötest Weiße gegen Geld? Klingt perfekt!", sagt er zu Schultz.
Die erste Stunde des Films gehört Christoph Waltz. Wie schon in "Inglourious Basterds" kostet der Tarantinos Dialoge so gelungen aus, dass er für den Oscar als bester Nebendarsteller nominiert worden ist.
Seinen Dr. Schultz treibt nicht die Raffgier an, sondern der abstrakte Wunsch nach Rache für die Verbrechen an den Schwarzen.
Von ihm lernt Django, wie man es mit den übelsten Gangstern aufnimmt...
...auch mit denen, die nicht von der Polizei gesucht werden, sondern wie Spencer Gordon Bennet (Don Johnson) als ehrbare Männer gelten.
Der schlimmste von allen ist aber Calvin Candie (Leonardo DiCaprio), der Djangos Frau Broomhilda als Sklavin hält.
Ihn wollen Django und Schultz mit einer komplizierten Strategie dazu bringen, ihnen Broomhilda zu verkaufen.
Auf Candyland, der Plantage von Candie, treffen Schultz und Django auf den Diener Stephen (Samuel L. Jackson), der seinem brutalen Herren zutiefst ergeben ist.
Mit Genuss misshandelt Candie seine Sklaven und hetzt sie gegeneinander auf.
Kann es Django gelingen, Broomhilda unblutig zu befreien?
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