Abgehört 2020 Die besten Alben des Jahres

Gleich zu Beginn hat Fiona Apple orgastischen Sex mit ihrem Piano: »I want you to love me«, grollt, gurrt und johlt die Sängerin, während es um sie herum lustvoll hämmert und klappert. Was für ein Comeback! Apple wurde in den Neunzigerjahren mit dem Lolita-Image einer zerbrechlichen Pop-Muse belegt, ein Gefängnis, dass sie nun, mit ihrem fünften und besten Album, noch einmal vehement zerschellen lässt: Ihre tief in der eigenen Seele wühlenden Songs sind Kampfliteratur und Gospel-Soul für die #Metoo-Ära, ihre Musik ist wild und unverschämt, befreiend und mitreißend. Das Meisterwerk des Jahres.
Unser Porträt von Fiona Apple aus dem April lesen Sie hier.
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Was Taylor Swift in diesem Jahr gelang, ist eine künstlerische Befreiung, ein Gamechanger: In der Corona-Isolation reduzierte der US-Superstar, 31, sein Songwriting aufs Wesentliche: Zum Vorschein kam großes Storytelling, das Swifts Nabelschau-Poesie ins Romanhafte weitete – und Musik, die sich traute, intim und fließend zu sein, statt der Taktung von Charts und Playlisten zu folgen: eine eskapistische, aber zutiefst gegenwärtige Pop-»Folklore«. Das Album brach Rekorde. Und dann legte Swift im Dezember mit »Evermore« noch einmal ebenso fesselnd nach. Aus der Krise zum Karrierehöhepunkt.
Unsere Kritik zu »Folklore« aus dem Juli lesen Sie hier.
Unsere Kritik zu »Evermore« aus dem Dezember lesen Sie hier.
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Playlist: Andreas Borcholtes Top-Songs 2020 (D/A/CH)

1. Tocotronic: Hoffnung
2. Culk: Jahre später
3. Balbina: Kein Ende.
4. Haiyti: Was hast du damit zu tun?
5. Badmómzjay: Snowbunny
Auch die Geschichte von Jessie Ware ist eine der Befreiung: Die 36-jährige Britin nahm den erfolgreichen (und sehr lustigen) Foodie-Podcast , den sie mit ihrer Mutter betreibt, zum Anlass, sich auch musikalisch locker zu machen. »What's Your Pleasure?« beginnt mit eleganten House-Hymnen und endet im erlösenden Musical-Rausch. Ware, 2012 mit ihrem Debüt »Devotion« zum Star geworden, streift damit triumphal das Korsett der kühlen Souldiva ab, das ihr nie passte – und ist im Krisenjahr 2020 neben Dua Lipa und Kylie Minogue eine Discoqueen, die das Homeoffice in einen Dancefloor verwandelten.
Unser Porträt von Jessie Ware aus dem Juni lesen Sie hier .
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Von allen alternativen Realitäten, die in dieser irrationalen Zeit herumschwirren, ist Bob Dylans die tröstlichste: Mit »Murder Most Foul« entwarf der Altmeister über 17 Minuten ein Langgedicht, das die Mächte der (Pop-)Kultur gegen das Böse und seine Verschwörer positionierte. All diese »Multitudes«, seine Inspirationen, versammelt der 79-jährige Barde und Literaturnobelpreisträger für sein »rough and rowdy« Spätwerk: Blues und Jazz, Shakespeare und Whitman, Marx und Cäsar, Al Pacino und Marlon Brando, falsche und biblische Propheten. Kein Geniestreich, aber eine große Geste. Vielleicht die letzte.
Unsere Kritik zu »Rough And Rowdy Ways« aus dem Juni lesen Sie hier.
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Playlist: Andreas Borcholtes Top Songs 2020 (International)

1. Fiona Apple: Fetch The Bolt Cutters
2. Moodymann: Do Wrong
3. Disclosure feat. Slowthai: My High
4. Cardi B feat. Megan Thee Stallion: WAP
5. Megan Thee Stallion feat. Beyoncé: Savage
»It's time to let it out/ And show the world«, raunt Alejandra Ghersi im Eröffnungstrack "Nonbinary": Die genderfluide Produzentin aus Venezuela offenbarte mit »KiCk i« ihre faszinierende neue Gestalt und Ausdrucksform. Die sakralen Klangkokons und der defensive Verpuppungslärm früherer Alben ergaben einen selbstbewusst avantgardistischen Sound, der die Zukunft einer von Geschlecht, Genre und Geografie befreiten Popmusik ahnen lässt. Footwork, Noise, Reggaeton und Rap fließen in einem mal wilden, mal zarten Strom ineinander, dirigiert von einer der furchtlosesten Kunst-Persönlichkeiten zurzeit.
Unsere Kritik zu »kiCk i« aus dem Juni lesen Sie hier.
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2020 war nicht nur das Jahr der Coronakrise und der globalen Shutdowns, es war auch das Jahr, in dem der Rassenkonflikt in den USA erneut eskalierte. Nur wenige Tage nach dem gewaltsamen Tod des Schwarzen George Floyd durch einen weißen Polizisten veröffentlichte das Hip-Hop-Duo Run The Jewels sein bisher bestes Album. Es war der dringliche, politische Soundtrack der Black-Lives-Matter-Proteste und bildete die unversöhnliche Situation auf den Straßen mit bedrückenden Tracks wie »Walking In The Snow« oder der Bürgerkriegs-Kakofonie »A Few Words For The Firing Squad« ab. Ein Monument der Wut.
Unsere Kritik zu »RTJ4« aus dem Juni lesen Sie hier.
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Mittwochs um Mitternacht (0.00 Uhr) gibt es beim Hamburger Webradio ByteFM ein »Abgehört«-Mixtape mit vielen Songs aus den besprochenen Platten und Highlights aus der persönlichen Playlist von Andreas Borcholte. Seit 1. Januar 2022 sendet ByteFM in Hamburg auch auf UKW (91,7 und 104,0 MHz).
Noch immer weiß man nicht, wer sich hinter dem Musik-Kollektiv Sault verbirgt, als federführend gilt der britische Produzent Inflo. Dieses Jahr veröffentlichte die seit 2019 aktive Band zwei Alben voller perkussiver, elektronischer Soul-Grooves, grundiert von Motiven schwarzer Lebenswirklichkeit. Wenn »RTJ4« der aufwühlende CNN-Feed zur Black-Lives-Matter-Bewegung war, boten »Black Is« und »Rise« Erhabenheit und Hoffnung: »Black is safety«, heißt es im Spoken-Word-Track »Out The Lies« – und das tröstliche »Wildfires« wurde neben »I Can't Breathe« von H.E.R. zur Trauer- und Protesthymne des Sommers.
Unsere Kritik zu »Untitled (Black Is)« aus dem Juni lesen Sie hier.
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Ronja Zschoche ist die beste Rapperin, die es in Deutschland gibt. Das ist schon lange klar, aber der große Erfolg lässt auf sich warten – zu viele Capitals und Apaches, die das Chartsgame beherrschen. Dabei hat die 27-jährige Haiyiti dieses Jahr gleich zweimal herausragende Musik veröffentlicht: »Sui Sui« ist ein zupackendes Trap-Pop-Album, unter dessen Erzählungen von Luxusmarken und Gangsta-Lifestyle melancholische Sinnfragen lauern. »Influencer«, härter und schmerzhafter, geht noch tiefer hinein in die Depression, die Haiyti erfasste, als sie von Hamburg nach Berlin umzog. Einsam, aber spitze.
Unser Porträt von Haiyti zu »Sui Sui« aus dem Juli lesen Sie hier .
Unsere Kritik von »Influencer« aus dem Dezember lesen Sie hier .
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Über Kanye West wollen wir in diesem ohnehin schon unglücklichen Jahr lieber nicht reden. Aber ein Protegé des zerstreuten Rap-Genies veröffentlichte im Januar, als die Welt noch eine andere war, ihr wegweisendes Debüt: Danielle Balbuena aus New Jersey ist Latina, lesbisch und die wirkmächtigste Vertreterin des Emo-Trap-Rap. 070 Shake ist zwar, ihrem Genre entsprechend, lieber druff als nüchtern, lotet aber auch die mentalen Abgründe unter dem High aus. Mit einer Pop- und Progrock-Weisheit, die den US-»Rolling Stone« zum Pink Floyd-Vergleich hinriss, findet sie zwischen Depri und Party einen souveränen Flow.
Unsere Kritik zu »Modus Vivendi« aus dem Januar lesen Sie hier.
Unseren Konzertbericht aus dem Januar in Berlin lesen Sie hier.
Modus Vivendi
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Mit »schlechten Vibes im Universum« kennt sich die in Berlin lebende Songwriterin Stella Sommer aus: Niemand im deutschen Pop besingt Lust und Leid der Misanthropie wie die Sängerin der Band Die Heiterkeit. Auf ihrem zweiten englischsprachigen Soloalbum zeigte sie sich nun von einer weniger sinistren Seite: »Northern Dancer« ist wie ein Strandspaziergang, bei dem Einsamkeit kein Trübsal, sondern metaphysischer Genuss ist: Zu erhabenen Orchesterklängen, im Sixties-Folk verwurzelt, lässt Sommer die Dunkelheit ihrer Stimme fahren und einer fast romantischen Stimmung freien Lauf. Eiskönigin, aufgetaut.
Unsere Kritik zu »Northern Dancer« aus dem Oktober lesen Sie hier.
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