Weltmusik Eine Münchnerin macht's in Mali

Weltmusik ist ödes Dritte-Welt-Laden-Gedudel? Dann kennen Sie die aus Bayern stammende Leni Stern nicht. Mit ihrer E-Gitarre sorgte die Künstlerin im muslimischen Mali für guten Sound - und mächtig Wirbel.

Dass die schlanke Blonde aufgefallen ist, glaubt man gerne. "Eine weiße Frau, die elektrische Gitarre spielt, in einem Moslem-Land", berichtet Leni Stern, "meine Anwesenheit hatte eine mächtige Wirkung." In das westafrikanische Mali waren bisher nämlich vorwiegend schwarze Musiker gekommen – Afroamerikaner auf der Suche nach ihren Wurzeln, zum Beispiel die Jazzvokalistin Dee Dee Bridgewater, die dort ihr Erfolgsalbum "Red Earth" (Universal) aufnahm.

Wie Bridgewater arbeitete die in München geborene Stern mit lokalen Musikgrößen im Studio des Weltmusikstars Salif Keita in der Hauptstadt Bamako. Und wie Dee Dee Bridgewater war Leni Stern von den afrikanischen Musikern begeistert.

Die Gitarristin und Sängerin ergänzte einige der Aufnahmen aus Mali in San Francisco mit Einspielungen des inzwischen verstorbenen Saxofon-Giganten Michael Brecker und ihres Mannes Mike Stern (Gitarre). So entstand ein reizvolles Album aus afrikanischen und westlichen Musikformen.

Während Leni Stern in Afrika neue Sounds und Rhythmen suchte, prägt westliche Musik den Stil eines in Europa lebenden Afrikaners: Der Sänger und Gitarrist Wasis Diop emigrierte in den siebziger Jahren aus dem Senegal nach Frankreich und machte dort Karriere mit Musik, die afrikanische Klänge mit Elementen aus Jazz, Soul und Rock verbindet. Dazu kommt noch die Tradition des Chansons.

An die großen Franzosen dieses Genres erinnert der Afrikaner mit dem ausdrucksstarken Bariton besonders auf seiner neuesten Platte "Judu bek". Weltmusik mit Pop-Appeal! Rein afrikanisch sind auf dem Album neben dem Titel ("Die Freude des Lebens") die Fotos im Beiheft – Schwarzweiß-Schnappschüsse aus Diops Kinder- und Jugendtagen in Dakar.

Komponist und Texter Diop erzählt in seinen Liedern reizend realistische Geschichten. So berichtet er von einem afrikanischen Einwanderer, der sich nach der langen Schiffsreise und Bahnfahrt weigert, am "Gare de Lyon" auszusteigen. "Ich will weiter nach Paris", protestiert der Neuankömmling, bis ihn ein Landsmann aus der Putzkolonne auf dem Bahnsteig belehrt, dass er schon in der Hauptstadt angekommen ist.

Anders als in der weitgehend in der einheimischen Tradition verwurzelten Musik Westafrikas, spielen westliche Einflüsse in der vergleichsweise urbanen Gesellschaft in Südafrika seit langem eine wichtige Rolle.

Wer in Johannesburg oder Kapstadt Musik macht, kennt Duke Ellington und Billie Holiday; das war schon vor 50 Jahren so. Heute singt die 28-jährige Vokalistin Aya (Ayanda Mpama) auf englisch und in ihrer eigenen Zulu-Sprache einen Titel der Norwegerin Silje Nergaard.

Die sich im Bereich Jazz/Pop bewegende Künstlerin steht damit für die erstaunliche Offenheit der südafrikanischen Musikszene. Wie die auch durch Gospel, Soul und Latino-Klänge geprägt ist, vermittelt ein neues Sammelalbum mit Beiträgen der 13 populärsten Sängerinnen des Landes.


CDs Leni Stern: "Africa" (Prudence); Wasis Diop: "Judu bek" (Wrasse Records); Diverse: "South African Women with a Voice Chapter 2" (Skip Records).

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