#wirsindmehr Chemnitz erwartet Zehntausende zu Protestkonzert

Auf Facebook haben mehr als 30.000 Nutzer ihr Kommen angekündigt: In Chemnitz spielen Bands wie Kraftklub, die Toten Hosen und K.I.Z., um ein Zeichen gegen rechts zu setzen.
Chemnitzer Band Kraftklub (Archivbild)

Chemnitzer Band Kraftklub (Archivbild)

Foto: Ina Fassbender/ picture alliance/dpa

Prominente deutsche Bands wollen an diesem Montag in Chemnitz (ab 17 Uhr) ein Zeichen gegen Rassismus, Ausländerfeindlichkeit und Gewalt setzen. Gruppen wie die Toten Hosen, Kraftklub und Feine Sahne Fischfilet geben dafür in der sächsischen Stadt unter dem Motto "#wirsindmehr" ein Gratis-Konzert. Erwartet werden mehrere Zehntausend Zuschauer.

In Chemnitz gibt es seit Tagen Demonstrationen von Rechtsgerichteten, Neonazis und Gegnern der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung sowie Gegenproteste. Auslöser war der Tod eines 35 Jahre alten Deutschen, der vor gut einer Woche in der Stadt Opfer einer Messerattacke geworden war. Zwei seiner Begleiter wurden verletzt. Als Tatverdächtige sitzen ein Iraker und ein Syrer in Untersuchungshaft.

Über 30.000 Menschen haben sich auf Facebook  als teilnehmend am Chemnitzer Konzert eingetragen, mehr als 100.000 ihr - teils auch symbolisches - Interesse bekundet. Wegen des erwarteten Andrangs wurde der Standort für die Konzertbühne vom Karl-Marx-Denkmal zum großen Parkplatz an der Johanniskirche geändert. Auf der Bühne werden Punkrockbands stehen, aber auch Rapper wie K.I.Z, Marteria und Casper.

Eine Gruppe steht bei manchen besonders im Fokus: Die Verfassungsschützer in Mecklenburg-Vorpommern hatten Feine Sahne Fischfilet zwischenzeitlich wegen "linksextremistischer Bestrebungen" im Blick, woran etwa AfD-Vertreter am Wochenende erinnerten.

Außenminister Heiko Maas hatte mehr Einsatz gegen Rassismus gefordert. Der "Bild am Sonntag" sagte der SPD-Politiker: "Es hat sich in unserer Gesellschaft leider eine Bequemlichkeit breitgemacht, die wir überwinden müssen. Da müssen wir dann auch mal vom Sofa hochkommen und den Mund aufmachen." Auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) erwartete von den Bürgern deutlichen Widerspruch gegen fremdenfeindliche und rechtsradikale Positionen.

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Ziel der Veranstalter und Künstler des Konzerts in Chemnitz sei es nicht, eine Party zu feiern. Vielmehr gehe es darum, "unsere Abscheu darüber auszudrücken, dass Menschen so einen Mord instrumentalisieren, um ihren Rassismus freien Lauf zu lassen", schreiben die Organisatoren auf Facebook. "Es geht darum, endlich mal aus dieser Schockstarre rauszukommen", erklären Feine Sahne Fischfilet in einer Mitteilung. "Wenn am Montag da 10.000 Leute zusammenkommen und es auch nur für einen Tag schaffen, dem Rassistenmob zu zeigen, dass es da noch Leute gibt, die ihnen die Straße streitig machen, dann ist das der Hammer."

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Damit verteidigte die Punkband aus Mecklenburg-Vorpommern ihr Auftreten auch im Zusammenhang von Stimmen aus der Basisarbeit gegen Rechtsradikalismus vor Ort. Ein Facebook-Post eines Jugendarbeiters aus dem sächsischen Döbeln war am Wochenende häufig geteilt worden, in dem dieser ausrief: "Hört mir auf mit diesem #wirsindmehr Mist", in Sachsen seien Engagierte gegen rechts die Minderheit. In einer späteren Ergänzung stellte er jedoch klar, er begrüße die Veranstaltung ausdrücklich.

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Beginnen soll das Konzert um 17 Uhr mit einer Schweigeminute für den 35-Jährigen, dessen gewaltsamer Tod Auslöser der Vorfälle in Chemnitz wurde. Der Zeitplan danach:

  • 17:20 Uhr: Trettmann
  • 17:55 Uhr: Feine Sahne Fischfilet
  • 18:35 Uhr: K.I.Z.
  • 19:15 Uhr: Kraftklub
  • 19:55 Uhr: Nura/ Marteria und Casper
  • 20:40 Uhr: Die Toten Hosen (bis 21:15 Uhr)
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Dass prominente Künstler als politisches Statement auf die Bühne steigen, gab es in Deutschland immer mal wieder. Als Anfang der Neunzigerjahre Flüchtlingsheime brannten, stellten Kölner Musiker ein Konzert auf die Beine, bei dem hunderttausend Menschen dem Aufruf folgten, ihren Hintern hochzukriegen: "Arsch huh, Zäng ussenander", hieß das Motto auf Kölsch (Arsch hoch, Zähne auseinander).

Auch 1979, als in Frankfurt am Main Rechte aufmarschieren wollten, setzten linke Organisatoren auf Musik als Mobilisierungsfaktor. Zehntausende versammelten sich zum "Rock gegen rechts" in der Innenstadt. Bis heute finden Konzerte unter dem Motto in Frankfurt statt. Erst am vergangenen Wochenende - der Termin war lang im Voraus geplant - feierten laut Veranstaltern rund 10. 000 Menschen unter dem Motto "Frieden und Solidarität".

Auch das kleine Dorf Jamel in Mecklenburg-Vorpommern wird jährlich zur Anlaufstelle für Musik gegen Neonazis, seit sich ein zugezogenes Ehepaar damit gegen Rechtsextremisten im Ort zur Wehr zu setzen begann. Was als Mini-Event startete, zog irgendwann prominente Unterstützer wie Die Ärzte oder Fettes Brot an. Zuletzt trat dort Herbert Grönemeyer als Überraschungsgast auf.

feb/dpa
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