Nach Kartoffelbreiattacke in Potsdam Museen wollen Sicherheitsstandards verschärfen

Wie lassen sich Kunstwerke gegen Angriffe besser schützen? Der Deutsche Museumsbund fordert ein besseres Briefing für die Mitarbeiter. Das Museum Barberini in Potsdam hält die internationalen Standards für zu lasch.
Museum Barberini in Potsdam: Bleibt mehrere Tage geschlossen, um zu »überlegen, wie wir die Sicherheit erhöhen können«

Museum Barberini in Potsdam: Bleibt mehrere Tage geschlossen, um zu »überlegen, wie wir die Sicherheit erhöhen können«

Foto: Soeren Stache / dpa

Nach dem Angriff von Klimaaktivisten auf ein Gemälde von Claude Monet ist die Empörung groß – aber auch die Angst vor weiteren Attacken auf kostbare Kulturgüter. Viele Museen hätten ihre Vorkehrungen bereits verstärkt, sagte der Geschäftsführer des Deutschen Museumsbundes, David Vuillaume, der Deutschen Presse-Agentur. Allein mehr Wachpersonal einzustellen, sieht er nicht als Lösung. Bei solchen Vorfällen sei der Stresspegel der Mitarbeiter sehr hoch. »Darauf müssen wir die Mitarbeiter vorbereiten und sie auch psychologisch begleiten«, sagte Vuillaume.

Aktivisten hatten am Sonntag im Potsdamer Museum Barberini Kartoffelbrei gegen das mit Glas geschützte Gemälde »Getreideschober« (1890) des französischen Impressionisten Claude Monet gespritzt. Die Klimaprotestgruppe »Letzte Generation« übernahm für die Attacke die Verantwortung und forderte von der Politik wirksame Maßnahmen gegen den Klimawandel. Ähnliche Aktionen hatte es zuletzt auch schon in anderen Museen gegeben.

Aktivisten nach dem Kartoffelbreiangriff in Potsdam

Aktivisten nach dem Kartoffelbreiangriff in Potsdam

Foto:

Letzte Generation / AP

Das Museum Barberini traf bereits erste Maßnahmen: Bis 30. Oktober bleibt es geschlossen. »Wir werden in dieser Zeit überlegen, wie wir die Sicherheit erhöhen können«, sagte Museumsgründer und Kunstmäzen Hasso Plattner den »Potsdamer Neuesten Nachrichten«. Der Übergriff habe gezeigt, dass die »hohen internationalen Sicherheitsstandards zum Schutz der Kunstwerke bei aktivistischen Übergriffen nicht ausreichen und angepasst werden müssen«, sagte Barberini-Direktorin Ortrud Westheider.

»Angriffe auf Kunstwerke sind eine Straftat«

Das Frankfurter Städel versicherte, die Sicherheitsstandards entsprächen den »höchsten internationalen Vorgaben«. Ende August hatten sich dort zwei Klimaaktivisten mit jeweils einer Hand an dem Rahmen eines großen Gemäldes festgeklebt. Das Bild »Gewitterlandschaft mit Pyramus und Thisbe« von Nicolas Poussin stehe heute symbolisch für den zerstörerischen Kurs der aktuellen Politik, hatte die Gruppe »Letzte Generation« erklärt.

Was aber können Museen tun, um die Kunst zu schützen? Das Sprengel Museum in Hannover habe Hausmeister, Wachpersonal und die Restauratorin »gebrieft«, sagte Sprecherin Judith Hartstang. Angriffe auf Kunstwerke seien eine Straftat und würden mit einer Strafanzeige geahndet werden. »Die Werke, die zuletzt in London und Potsdam betroffen gewesen sind, waren hinter Glas – wohl der beste Schutz vor Farb-, Suppen- oder Kartoffelbreiangriffen«, erklärte sie. Im Sprengel Museum gibt es neben Verglasung akustische Bewegungsmelder, Plexiglashauben für Sockel sowie Abstandshalter.

»Wir haben unser Personal für mögliche Szenarien sensibilisiert. Unsere konkreten Vorkehrungen möchten wir aus Sicherheitsgründen nicht offenlegen«, sagte eine Sprecherin des Kunstmuseums Lenbachhaus in München, das bekannt ist für seine Kunst des Blauen Reiters. Museen in Nordrhein-Westfalen wollen Besucher am Eingang stärker kontrollieren. Eine Sprecherin der Kunstsammlungen NRW sagte: »Wir haben uns mit anderen Museen und betroffenen Kolleginnen und Kollegen ausgetauscht und einen Notfallplan entwickelt.«

»Wir fordern Respekt vor der Kultur«

Die Kartoffelattacke stieß bei vielen Museen auf Unverständnis. Dass gerade Museen in den Fokus der Proteste von Klimaaktivisten rückten, sei nicht nachzuvollziehen, sagte die Sprecherin der Emder Kunsthalle, Ilka Erdwiens. »Ausgerechnet die Kunst, die doch dazu dienen soll, die eigene Perspektive, den Blick zu öffnen und das Bewusstsein zu erweitern.« Gerade das seien Ideale, die die Klimaschutzbewegung selbst sonst einfordere.

Ausstellungsraum im Museum Barberini: »Wir können nicht neben jedes Bild, jede Skulptur einen Wachmann stellen«

Ausstellungsraum im Museum Barberini: »Wir können nicht neben jedes Bild, jede Skulptur einen Wachmann stellen«

Foto: Soeren Stache / dpa

»Ich möchte nicht, dass Museen zu Hochsicherheitszonen werden«, sagte Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK), der »Welt«. »Wir können nicht neben jedes Bild, jede Skulptur einen Wachmann stellen.« Museen sollten offene, soziale und einladende Orte für alle Menschen sein, dieses Vertrauen sollte man nicht missbrauchen.

Der Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, Bernhard Maaz, sagte dazu: »Wir erwarten von Aktivisten, dass sie nicht nur Respekt vor der Natur einfordern, sondern auch Respekt vor der Kultur haben.« Ähnlich äußerte sich Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) im »Fokus«. »Kunst für den Klimaschutz zu attackieren – das ist aus meiner Sicht definitiv der ganz falsche Weg.«

isb/dpa
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