Rassismus Neue Chefredakteurin der »Teen Vogue« muss vor ihrem Start schon wieder gehen

Eine US-Journalistin schrieb als Jugendliche rassistische Tweets. Zehn Jahre später kostet sie das den Job.
Alexi McCammond (Archiv): Alte Tweets kosteten den Job

Alexi McCammond (Archiv): Alte Tweets kosteten den Job

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Michael S. Schwartz / Getty Images

Die designierte Chefredakteurin der »Teen Vogue« ist vor Antritt ihrer neuen Position zurückgetreten. Zuvor waren Vorwürfe laut geworden, dass sich Alexi McCammond, 27, vor zehn Jahren rassistisch und homophob auf Twitter geäußert habe.

Mitarbeiterinnen der »Teen Vogue«, die Leserschaft und Werbetreibenden hatten sich beim Verlag Condé Nast über die Wahl McCammonds beschwert, das berichtet die »New York Times« . Screenshots ihren alten Tweets waren in sozialen Medien aufgetaucht.

Dabei hatte sich Alexi McCammond in den letzten Jahren in US-amerikanischen Journalistenkreisen einen exzellenten Ruf erarbeitet. Sie war zuletzt Politikreporterin für die Washingtoner Nachrichtenseite Axios  und Mitarbeiterin des Nachrichtensenders MSNBC . 2019 wurde sie von der Vereinigung Schwarzer Journalisten NABJ zur aufstrebenden Journalistin des Jahres  gekürt.

Nun sollte sie am kommenden Mittwoch Chefredakteurin der »Teen Vogue« werden. Zwei Wochen nach ihrer Berufung teilte der Personalchef von Condé Nast am Donnerstag mit, man habe sich umentschieden. »Nachdem wir heute Morgen mit Alexi gesprochen hatten, waren wir uns einig, dass es am besten ist, sich zu trennen, um die wichtige Arbeit bei »Teen Vogue« nicht zu überschatten«, zitiert die »New York Times« den Verlag.

Abfällige Tweets über Schwule und Asiaten

Denn im Jahr 2011 hatte sich McCammond wenig glanzvoll gezeigt. Das Branchenmagazin »Variety« berichtet, McCammond habe damals in einem Tweet unter anderem geschrieben, sie sei mit »geschwollenen, asiatischen Augen« aufgewacht. Zudem soll sie, anderen Quellen zufolge, weitere rassistische Kommentare über asiatische Merkmale verfasst, abfällige Stereotypen über Asiaten formuliert und homosexuelle Menschen beleidigt haben.

Waren das nur dumme Äußerungen einer Jugendlichen? Immerhin blieben die Tweets viele Jahre im Netz – bis hinein ins Jahr 2019. Mittlerweile sind sie gelöscht.

Mehr als 20 Mitarbeiterinnen äußerten sich wütend in einem Brief an den Condé Nast Verlag. »Unsere Leser sind besorgt. In Zeiten von Gewalt gegen asiatisch-stämmige Menschen und harter Kämpfe der LGBTQ-Community lehnen wir derartige Stimmungen ab«, schrieben sie auf Twitter über die Tweets der designierten Chefredakteurin.

Die Online-Gemeinde ist geteilter Meinung. Das sei Cancel Culture gegenüber einer schwarzen Frau aufgrund einer unbedachten Jugendsünde, behaupten jene, die McCammond verteidigen. Schließlich sei McCammond im Jahr 2011 noch ein Teenager gewesen. Unerträglich sei ihre Berufung an die Spitze eines Unternehmens, das sich eben gerade an Teenager richte, sagen die anderen.

Topführungskräfte im Verlag wie »Vogue«-Chefredakteurin Anna Wintour hätten von den Tweets gewusst, die Personalabteilung habe McCammond vor der Einstellung überprüft und sie habe sich auch in internen Besprechungen mit Condé Nast für die Äußerungen entschuldigt, schreiben US-Medien.

Zusätzlich sei aber auf einer rechten Webseite ein Foto von McCammond aufgetaucht, das sie 2011 in einem indigenen Kostüm zeigte, weiß die »New York Times«. Bei einer Überprüfung seien die Fotos aber nicht mehr gefunden worden.

»Ich habe mich für meine früheren rassistischen und homophoben Tweets entschuldigt und werde wiederholen, dass es keine Rechtfertigung gibt, diese schrecklichen Stereotypen in irgendeiner Weise aufrechtzuerhalten«, schrieb McCammond in einem Brief an die »Teen Vogue«-Community noch in einem Versuch, die Sache zu bereinigen. »Es tut mir so leid, dass ich so eine verletzende und unentschuldbare Sprache verwendet habe.«

Vermutlich hat jedoch nicht die Empörung der Mitarbeiterinnen, sondern das Geld der Werbetreibenden den Anstoß für Condé Nast gegeben, sich von McCammond zu trennen. Weil die Kritik zunahm, stellten die Kosmetikunternehmen Ulta Beauty und Burt's Bees, große Werbekunden bei »Teen Vogue«, ihre Kampagnen ein.

Die Diskussion um die Personalie fiel überdies zusammen mit Nachrichten über Gewalt gegen asiatisch-amerikanische Bürger in den USA. Bei mehreren Attacken in Atlanta, Georgia, wurden acht Menschen in Massagesalons getötet , vorwiegend Frauen asiatischer Herkunft.

Das Klima im Condé Nast Verlag dürfte außerdem durch einen ähnlichen Fall im vergangenen Jahr sensibilisiert gewesen sein, es hatte Debatten über systematische Benachteiligungen gegeben. Der Chefredakteur des Lifestyle-Magazins »Bon Appétit« hatte zurücktreten müssen, weil er zu Halloween als Lateinamerikaner verkleidet gewesen war.

»Vogue«-Chefredakteurin Anna Wintour, die für einen Großteil der journalistischen Inhalte des Condé Nast Verlags verantwortlich ist, hatte sich daraufhin an alle Mitarbeiter gewandt und eingeräumt, dass unter ihrer Führung schwarzen Menschen nicht genügend Platz gegeben wurde. Auch seien einige Bilder oder Geschichten verletzend oder intolerant gewesen.

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