BÜCHER NEU IN DEUTSCHLAND Neue Droge
Auch die englische Romanautorin Daphne du Maurier, 63, geht mit der Zeit. Sie tut's, ohne die eigenen Neigungen, die eigene Verkaufsmethode aufzugeben.
Die Bestseller und Fast-Bestseller Daphne du Mauriers haben, wie vor dreißig Jahren das Hauptgeschäft »Rebecca«, die Geheimnisse der bröckeligen Landsitze geliefert, den Moder der ungesühnten Verbrechen. Der neue Roman, in Amerika Bestseller, baut wieder auf verjährte Untaten. Er spielt teils in der Gegenwart und teilweise, am gleichen Ort, 600 Jahre früher. Damals ist schon immer wieder mal gemordet worden, von hinterhältigen Mönchen wie von selbstherrlichen Landjunkern. Ein Fernsprechteilnehmer und Autofahrer kommt den mittelalterlichen Giftkünsten und Überfällen, Ehebrüchen und Intrigen auf die Spur.
In früheren Romanen der Verfasserin hätte der Mann alles aus Urkunden erfahren, er hätte vertrocknete Brunnen, unbewohnte Gemächer und abgesperrte Schreibtischfächer durchsucht. Diesmal -- das ist das Schicke, Fortschrittliche -- hilft ihm eine frisch entdeckte Droge weiter, ein spezieller Trip. Daß die Droge nicht nur Halluzinationen auslöst, sondern wirkliche Begebenheiten, die vielleicht Jahrhunderte zurückliegen, im Hirn reproduziert, das wird dann wieder durch vergilbte Kirchenbücher, Landkarten und Steuerlisten nachgewiesen.
Trotz solcher Zukunftsspiele -- Daphne du Maurier bewährt sich als gediegene, altmodische Erzählerin, die nicht nur Aufregungen tadellos dosiert und die Personen einzeln kenntlich macht, sondern auch ab und an vernünftige Bemerkungen einfließen läßt: »Es gibt im Leben wohl kaum eine schlimmere Anspannung als das Warten auf unerwünschte Gäste.«