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SCHALLPLATTEN / NEU IN DEUTSCHLAND Neue Gewichte

Dmitrij Schostakowitsch: »Violinkonzert Nr. 2 Opus 129«. David Oistrach, Violine; Symphonieorchester der Moskauer Staatlichen Philharmonie; Dirigent: Kyrill Kondraschin. »Cellokonzert Opus 107«. Michail Chomitzer, Cello; Großes Rundfunk-Symphonieorchester der UdSSR; Dirigent: Gennadij Roschdestwenski; Eurodisc 78 045 KK; 21 Mark.
aus DER SPIEGEL 46/1969

Was thematische Arbeit ist, hat er bei Beethoven gelernt, wie man orchestriert, bei Brahms, und die Technik, harmonische Entwicklungen von den Außenstimmen her zu steuern, stammt von Hindemith. Ein Revolutionär ist Dmitrij Schostakowitsch, 63, nicht.

Aber seine letzten Werke zeigen, daß er unter den zu spät gekommenen Klassikern allemal der phantasievoll-Ste ist.

Er greift zwar in den drei Sätzen seines 1959 komponierten Cellokonzerts auf die überlieferten Formen zurück, verteilt jedoch die Gewichte neu: Der durchlaufende Marschtakt gibt dem sonatenartigen Eingangs-Allegretto den Charakter einer Ouvertüre, und die zum Stück im Stück ausgebaute Kadenz dient durchaus nicht der Eitelkeit des Solisten, sondern streng strukturbezogen der Vorbereitung auf das ironisch mit Tanzrhythmen spielende Rondo-Finale.

Höhepunkt des von allem rhapsodischen Überschwang gereinigten Symphonie-Konzerts indessen ist der langsame Mittelteil: ein kunstvoll aus einer einzigen motivischen Zelle herausgesponnener, breit strömender Gesang von fast Mahlerschem Format.

Schostakowitsch hat das eher exponierte als glanzvolle Werk seinerzeit für den russischen Star-Cellisten Rostropowitsch geschrieben. Auf dieser Platte spielt es der 34jährige Cellist Michail Chomitzer. Er scheint in die vorderste Reihe der sowjetischen Instrumentalisten zu gehören. Den Vergleich mit David Oistrach, der das zwischen Grübelei und Sarkasmus pendelnde Zweite Violinkonzert (1967) vorstellt, braucht er jedenfalls nicht zu fürchten.

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