"New York Times"-Reporterinnen über ihre Weinstein-Recherche "Es gab Gerüchte"

Journalistinnen Twohey, Kantor: "Es fühlt sich oft so an, als hätte sich alles verändert - und gleichzeitig nichts"
Foto:Jesse Dittmar / Redux / laif
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Monatelang recherchierten die Investigativjournalistinnen Jodi Kantor und Megan Twohey, bis sie belegen konnten, dass Hollywood-Filmmogul Harvey Weinstein über Jahrzehnte Schauspielerinnen und Arbeitnehmerinnen belästigte. 2018 erhielten die beiden zusammen mit Ronan Farrow den Pulitzerpreis für ihre Recherche, die höchste Auszeichnung im Journalismus. Ihre Veröffentlichungen lösten die #MeToo-Bewegung mit aus, Frauen auf der ganzen Welt sprachen über ihre Erfahrungen mit sexuellen Übergriffen. Anfang des Jahres wurde Weinstein in New York wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung zu 23 Jahren Haft verurteilt. Zuletzt lehnte ein Gericht einen Vergleich über eine Zahlung von etwa 19 Millionen Dollar ab. Damit sollte eine Sammelklage von mutmaßlichen Opfern beigelegt werden. Die beiden Journalistinnen haben ein Buch über ihre Recherchen und die Auswirkungen geschrieben, das jetzt auf Deutsch erscheint.
SPIEGEL: Mrs Kantor, Mrs Twohey, für Außenstehende ist schwer zu durchschauen, wie Investigativjournalisten arbeiten. Wie kamen Sie 2017 darauf zu recherchieren, ob Harvey Weinstein Frauen belästigte?
Kantor: Es begann mit einer ganz anderen Geschichte. Kollegen fanden heraus, dass der Fox-News-Moderator Bill O'Reilly – damals eine unglaublich mächtige Figur im rechten Spektrum – im Lauf der Jahre Frauen immer wieder Geld gezahlt hatte, damit Vorwürfe wegen sexueller Belästigung nicht an die Öffentlichkeit gelangten. Nachdem die "New York Times" ("NYT") darüber berichtet hatte, musste er zurücktreten. Danach fragten wir uns, was heute geradezu kurios klingt: Gibt es andere mächtige Männer in den USA, die Frauen belästigt und danach Schweigegeld bezahlt haben? Ich habe ein paar Tage in Archiven und im Internet gewühlt und dann vorgeschlagen, bei Weinstein anzufangen. Das hatten schon andere vor mir getan, aber niemand hatte die Geschichte je hart gekriegt. Ich wusste nicht, was stimmte und was nicht. Aber es gab Gerüchte.
SPIEGEL: Was heißt das konkret? Hat Ihnen jemand geraten, sich Weinstein genauer anzusehen?
Kantor: Im Gegenteil. Die meisten Menschen waren sehr abweisend. Wir trafen oft auf die Haltung, dass die sprichwörtliche Besetzungscouch Teil der Kultur in Hollywood sei. Und selbst wenn wir unsere Recherche eines Tages veröffentlichen würden, werde es nichts ändern. Dabei gab es Ansätze. Die New Yorker Polizei hatte sich 2015 mit Vorwürfen gegen Weinstein beschäftigt – aber mysteriöserweise die Ermittlungen eingestellt. Die Schauspielerin Rose McGowan hatte getwittert, dass sie von jemandem in Hollywood vergewaltigt worden sei. Es klang so, als könnte sie Weinstein meinen.
SPIEGEL: Mrs Twohey, Sie waren anfangs skeptisch, schreiben Sie im Buch. Wieso?

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Twohey: Als ich aus meiner Elternzeit zurückkam, konnte ich mir aussuchen, ob ich bei Jodis Recherchen einsteige oder weiter über Donald Trump berichte. Als Investigativreporterin versuche ich, den Stimmlosen eine Stimme zu geben. Es fiel mir schwer, berühmte Schauspielerinnen als Opfer anzusehen, die auf die Hilfe der "NYT" angewiesen sind. Aber Jodi war unnachgiebig und sagte: "Wenn selbst berühmten Schauspielerinnen so etwas passiert, spricht das dafür, dass niemand immun ist." Also sagte ich zu.
SPIEGEL: Wie spricht man internationale Superstars darauf an, ob sie sexuell belästigt wurden?
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