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BÜCHER / NEU IN DEUSCHLAND Oh Gegenwelt

»Oh Muvie«. Heinrich-Heine-Verlag; 168 Seiten; 10 Mark.
aus DER SPIEGEL 18/1969

Seit Donald Duck zu den Großen der Weltliteratur gezählt wird, seit Batman auch Gebildeten-Gehirne kitzelt, seit solche Wonnen der Gewöhnlichkeit nur zu »in« sind, schnappt die Kulturindustrie nach immer neuen Reservaten der Sub- und Unkultur.

Das Pop-Bändchen aus dem ulkigen Heinrich-Heine-Verlag beutet ein vor allem in Italien und Frankreich beliebtes Trivial-Genre aus: den vom Bürgerglück bis zum Sadismus fast alle Lebensäußerungen umspannenden »Photoroman«. Um die Verfremdung und Aufwertung dieser Schundheftchen-Sorte zum Intellektuellen-Spaß mühten sich einige pseudonyme Avantgardisten, unter ihnen der Namenstransvestit Rosa von Praunheim, der als Underground-Filmer einen gewissen Ruf zu verlieren hat.

»Oh Muvie« will einen »psychedelischen Traum« voller Gewalt und Vergewaltigung abbilden und zudem -- na klar! -- die »Gegenwelt« der »klassenlosen Gesellschaft« propagieren.

Aber das so prätentiöse Opus ist vornehmlich ein würzloser Bilder- und Wörter-Salat, der schiere Stuß -- öde-unscharfe Photos und mit keinem Parodie-Vorbehalt zu rettende Sätze wie dieser: »Oh trage meine Anmut nicht zu tief in mein Gegenüber, laß es regnen von Waffen für eine sozialistische Zukunft.« Gelobt sei der Photoroman pur und simpel!

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