Dubiose Beraterverträge, günstiger Dienstwagen ZDF recherchiert offenbar zu Vorwürfen gegen RBB-Intendantin

Das ZDF-Investigativmagazin »Frontal 21« geht laut einem Medienbericht den Anschuldigungen gegen Patricia Schlesinger nach. Gleichzeitig will der RBB ein Whistleblowersystem zur Klärung der Vorwürfe einrichten.
Patricia Schlesinger

Patricia Schlesinger

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Hendrik Schmidt / picture alliance / dpa

Seit Wochen gibt es Vorwürfe gegen die Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) Patricia Schlesinger – nun will offenbar das ZDF-Investigativmagazin »Frontal 21« darüber berichten, wie die »Süddeutsche Zeitung« (SZ) schreibt . Dass die beiden großen öffentlich-rechtlichen Anstalten kritisch übereinander berichteten, ist laut SZ »keinesfalls üblich«.

Der RBB kommt nicht zur Ruhe, seit das Onlineportal »Business Insider«  kürzlich detaillierte Vorwürfe gegen den Sender und Schlesinger veröffentlicht hatte. Die Vorwürfe beziehen sich zum Beispiel auf eine angeblich fehlerhafte Abrechnung von dienstlichen Abendessen bei Schlesinger und die Beschäftigung von Beratern für ein RBB-Immobilienprojekt, die aus dem Umfeld des Verwaltungsratschefs Wolf-Dieter Wolf stammen sollen. Schlesinger und Wolf haben die Vorwürfe zurückgewiesen.

Vergangenen Freitag hatte dann ein weiterer »Business Insider«-Beitrag  neue Anschuldigungen gegen Schlesinger erhoben: Demnach habe die RBB-Intendantin von »fragwürdigen Dienstwagenprivilegien« profitiert. So soll Schlesinger einen Audi A8 in einem Wert von rund 145.000 Euro zu einem Vorzugspreis erhalten haben. Der RBB sprach dagegen von einem »branchenüblichen Firmenrabatt«. Die RBB-Intendantin soll ihren Dienstwagen zudem auch für private Fahrten genutzt haben.

Die ZDF-Redaktion habe den ARD-Landesanstalten einen Katalog mit Fragen zu den Vorwürfen zukommen lassen, schreibt die SZ. Dieser läge der Zeitung vor. Demnach erwartet die Redaktion eine Antwort bis Mittwoch, auch zu Fragen nach einem möglichen Rücktritt der Intendantin. Bis Ende 2023 ist Schlesinger nach bisherigem Stand auch ARD-Vorsitzende.

RBB will Whistleblowersystem einrichten

Der RBB will nun ein Whistleblowersystem zur Aufarbeitung der Vorwürfe einrichten. Dieses soll dem Personal des Senders anonyme Meldungen ermöglichen, wie der Verwaltungsrat mitteilte. »Weitere Regelungen stellen sicher, dass gegen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wegen Aussagen im Prüfungsverfahren keine Sanktionen ausgeübt werden können.«

In einer Dienstanweisung werde zur uneingeschränkten Kooperation mit der ermittelnden Anwaltskanzlei aufgefordert. Schlesinger hatte das anonyme Whistleblowersystem Ende Juli in einem »Tagesspiegel«-Interview  in Aussicht gestellt.

Die Prüfung der Unterlagen durch externe Fachanwälte werde mindestens sechs bis acht Wochen dauern, hieß es. Es gehe dabei vor allem, aber nicht ausschließlich, um Schlesinger und Wolf. Der Verwaltungsratschef lasse sein Amt während der Untersuchung ruhen, Dorette König übernimmt in dieser Zeit. Der Verwaltungsrat begleite die Prüfung »sehr eng«, hieß es weiter. »Ausnahmslos allen Vorwürfen wird nachgegangen.«

Die Berliner Staatsanwaltschaft hatte Ermittlungen gegen Schlesinger zuletzt eingestellt. Gegenüber dem »Tagesspiegel«  hieß es in einer Begründung, dass »der erforderliche Anfangsverdacht verneint wurde«. Zuvor hatte die AfD-Fraktion im Landtag Brandenburg Strafanzeige gestellt – gegen Schlesinger, Wolf und Schlesingers Ehemann, den früheren SPIEGEL-Journalisten Gerhard Spörl.

Der Deutsche Journalistenverband (DJV) hatte Schlesinger nach Bekanntwerden der Anschuldigungen zu umfassender Transparenz aufgefordert. Die Vorwürfe hätten das Potenzial, »die Glaubwürdigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks massiv zu erschüttern«, erklärte der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall. Als Beispiele nannte er »klärungsbedürftige Beraterverträge, die Abrechnung von Bewirtungen in den eigenen vier Wänden oder schließlich die Fragen rund um den Dienstwagen«. Die Dienstwagenvorwürfe gegen die RBB-Intendantin seien »das Sahnehäubchen auf dem Berg der offenen Fragen«.

kko/dpa
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