FILM / NEU IN DEUTSCHLAND Pulver und Pathos
Krieg und Frieden, 2. Teil (Sowjet-Union). Am 7. September 1812 führte Napoleon 130 000 Mann gegen 100 000 Russen. Am Abend der Schlacht von Borodino, 110 Kilometer vor Moskau, deckten 80 000 Tote die Walstatt.
Mit 18 000 Rotgardisten in historischen Monturen und falschen Bärten, mit 400 000 Litern Öl, 23 Tonnen Schießpulver und 52 Tonnen Nebel- und Rauchpulver schlug der Sowjet-Regisseur Sergej Bondartschuk, 47, die Schlacht noch mal -- viel schöner. Pastos und pathetisch, nach Art bürgerlicher Schlachtenmaler, wird manövriert und attackiert, füsiliert und kanoniert, und zuweilen hebt sich die 70-Millimeter-Kamera in die Lüfte und prescht im Jet-Flug über das pittoreske Panorama.
Im zweiten Teil der Trilogie nach Tolstois Breitwand-Roman läßt Bondartschuk alle Minen des Monumentalkinos springen; bebrillt und betrübt wie der Franzl Schubert stapft er auch, in der Rolle des Pierre Besuchow, übers Feld der Ehre und besieht sich die Bescherung.
In Petersburg wird derweil immer noch getanzt, die schöne Natascha (Ludmilla Sawelewa) reckt wie im ersten Teil das lange Hälschen, doch schon schlägt das Schicksal knöchern an das Tor: Blätter fallen von den Alleebäumen, und der alte Fürst Bolkonski, mehlig geschminkt, stirbt wie der Reservebassist einer Kleinstadt-Oper.
»Sie ahnen nicht, welch Unheil noch über sie hereinbrechen wird«, sagt der Sprecher von den tränenfeuchten Tolstoianern. Doch, doch -- der dritte Teil.