Schöner sterben
Der gutgemeinte und manchmal auch befolgte Hinweis, unsere Dichter sollten doch gefälligst die Trinkgeldhonorare für ihre hauptberufliche Lyrik durch Nebeneinnahmen als Werbetexter aufbessern, durfte nach der Lektüre des vorliegenden »7. Buches der Werbung« bei den Machern der Branche auf wenig Gegenliebe stoßen. Denn ob die Poeten nun für sich selber ("Wie wichtig sind die Tageseinfälle des Otto Jägersberg?"), für andere (Peter Härtling: »Knacken Sie Nüsse mit Knobelsdorffs Knackwürsten!") oder überhaupt werben (Gabriele Wohmann: »Bei Erotomanie / Schadet KLOSTERFRAU nie") -- fast immer bleiben die Dilettanten hinter den Profis zurück.
Der witzige Einfall der Stierstädter Eremitendrucker Hülsmanns und Reske, Schriftsteller einmal fiktive Reklame als »aller Lüste Anfang« erproben zu lassen, weil das ja nur die andere Seite desselben Poetenblattes hervorkehren könnte, würde in der Praxis den denkbaren Konsumenten so ziemlich aller Lüste Ende bescheren.
Das zwar wunderschön gedruckte und originell aufgemachte Buch (Graphik: Klaus Endrikat und Walter Zimbrich), das die parodistischen Texter Versuche zusammenfaßt, scheint die Faustregel aufzustellen, daß die Ironisierung guter, also kommerzieller, also infamer Werbung allemal schlechte. also gutgemeinte, also langweilige Werbung ergibt: weil ja doch nun mal die unfreiwillige Komik und Entlarvung meist komischer und entlarvender ist als die freiwillige.
Immer dann aber bereitet der Band auch Lesespaß, wenn seine Autoren erst gar nicht mit der hochdotierten Texterroutine konkurrieren wollen, zum Beispiel in Herbert Heckmanns Anzeige für »Heideggers Seynstinktur": »Schon nach wenigen Proben spüren Sie die Wirkung: Sie eksistieren!« Die lapidarste, genaueste Antwort auf die heile Werbewelt hat Ernst Jandl getextet: »schöner sterben«.