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Tiefe Einblicke

aus DER SPIEGEL 52/1971

Klute (USA, Farbe). Ein Geschäftsmann ist verschwunden, sein Freund Klute (Donald Sutherland) macht sich mit zweifelhaften Indizien auf die Suche: mit obszönen Briefen. die der Vermißte einem New Yorker Call-Girl geschrieben haben soll.

Wär's nur ein Krimi, den Regisseur Alan J. Pakula so einleiten wollte -- der -- mäßig spannende Plot, der schließlich einen abartigen Provinz-Fabrikanten dreier Morde überführt, käme kaum über den Durchschnitt.

Doch Pakula hat das gängige Genre benutzt, um ein neues zu etablieren: einen erotischen Film, der Voyeure gleichwohl unbefriedigt läßt.

Auf den stets halbdunklen Bildern ist nur wenig nacktes Fleisch zu sehen. Dafür sind tiefe Einblicke in die Psyche der Prostituierten Bree (Jane Fonda) gestattet, einer scheinbar rüden Person ("Reden Sie sich geil, oder stehen Sie auf Ärsche?"), die mit Hilfe der Psychotherapie auf eine Bühnenkarriere umsteigen möchte.

Brees Unterhaltungen mit dem starrsinnigen, anfangs unüberwindlich keuschen Privatdetektiv Klute steigern die Kriminal-Affäre zur populär-soziologischen Studie. Sie beutet zwar den Hautgout des schlüpfrigen Milieus aus, sorgt aber auch für Zusatz-Nutzen: für waches Kino-Kammerspiel und manche Sentenz, auf die ein Kolle nicht kam. »Ein Call-Girl ist«, so etwa spricht Jane Fonda, »eine Stunde lang die beste Schauspielerin der Welt.«

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