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FILM / NEU IN DEUTSCHLAND Tod im Boudoir

aus DER SPIEGEL 21/1970

Der Strafverteidiger (USA, Farbe). Sie lottern beide in fremden Betten: Der reiche Frauenarzt Harrison (Robert Colbert) hat eine Mätresse; seine Frau Wilma, frigid auf dem Ehelager, wohnt lieber einem Reitlehrer bei. Und weil so etwas im US-Kino selten gutgeht, liegt die treulose Wilma eines Nachts erstochen in ihrem Boudoir.

Für die Geschworenen des texanischen Millionärsstädtchens Baker ist der Fall klar: Gattenmord. Harrison soll lebenslang in den Kerker. Doch sein gerissener- Anwalt (Barry Newman) geht in die Berufung, setzt Juristen und Kriminologen auf die Spur und serviert dem Gericht eine andere plausible Tat-Version. Der Gynäkologe wird freigesprochen -- niemand weiß, ob er unschuldig ist.

Aber genau das hat der kanadische Regisseur Sidney J. Furie mit seinem ironischen Mörderspiel beabsichtigt: Furie, der nicht »bedingungslos an den Nur-Realismus glaubt', zeigt die Wirklichkeit als schillerndes Vexierbild und enthüllt in jeder Szene, daß Kino nur Fiktionen liefert. So narrt er die Zuschauer mit immer neuen Mord-Varianten und enthält ihnen sogar die Pointe des klassischen Kriminalfilms vor: Der wahre Täter wird nicht entlarvt.

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