BÜCHER / NEU IN DEUTSCHLAND Trostloses Milljöh
Michael Rumaker: »Gringos«. Melzer; 224 Seiten; 12,80 Mark.
»Mensch, Jungs, is das nich genau wie im Kino?« Mit derlei Erkenntnissen wachsen in der letzten seiner sechs Hinterhof-ErzählUngen dem amerikanischen Nachwuchsautor Michael Rumaker, 36. die eigenen Figuren über den Kopf: Halbwüchsige, die in einem New Yorker Slum schwarz-weiße Krimi-Klischees vom freien Mann im Großstadt-Dschungel nachzuleben suchen.
Was in sich schon Kino ist, reproduziert Rumaker selbst wieder mit Kintopp-Mitteln; daher die altkluge Naseweisheit seiner aus der fadenscheinigen Fiktion drängenden Figur Freilich führt Rumaker sein literarisches Kino perfekt vor -- mit Versatzstücken, die ihm größtenteils von Hemingway vorgefertigt wurden.
Rumakers amerikanischen Alptraum bevölkern ausnahmslos Negativ-Helden: verkrachte
Altmetallsammler, Gammler, Betrunkene, Halbstarke, Tramps und Transvestiten.
Vom offiziellen Mittelstandsamerika ausgestoßen und zu Fremden, Gringos, erklärt, konstituieren sie ein zweites Amerika -- weiße Indianer in den wüstenhaften Reservaten der Autobahnen, Vorstädte und Schutthalden. Die Verzweiflung über ihre Deklassierung reagieren sie nach amerikanischer Tradition und Routine mit Aggression und Mord ab.
So durchtränken Rumakers trostloses Milljöh Gewalttätigkeit und -- wohl als Symbol für eine faulende Gesellschaft -- ein steter »Geruch von Verwesung und menschlichen Exkrementen«.