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Neue TV-Aufsicht: Heikle Fälle für den Ältestenrat

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Ältestenrat für Medien Wir brauchen die KoKoKoKo!

Seit sechzehn Jahren geistert die Forderung nach einer neuen Fernseh-Kontrollinstanz durch die Republik, jetzt hat sie die Medien-AG der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag wieder aufgewärmt. Sehr gut! Doch ein "Ältestenrat zur Evaluation der Medien" kann nur der Anfang sein, meint Stefan Kuzmany.

Es ist schlimm, ganz schlimm. Haben Sie in letzter Zeit einmal Ihr Fernsehgerät eingeschaltet? Ist mal wieder nichts gelaufen, oder? Beziehungsweise: Nur haarsträubender Unsinn. Das kann doch so nicht weitergehen. Da muss doch endlich mal jemand etwas dagegen unternehmen.

Angesichts dieser katastrophalen Zustände haben sich mutige Menschen unter dem Namen "Arbeitsgruppe Kultur und Medien der CDU/CSU-Bundestagsfraktion" zusammengetan, viel nachgedacht und folgendes festgestellt: "Die Qualität der Medien geht uns alle an". Denn: "Hochwertige und unabhängige Berichterstattung ist unerlässlich." Aber: "Kritiker sehen eine Tendenz zur Verflachung, Vereinfachung und persönlichen Herabsetzung." Doch: "Ein wichtiger Aspekt ist der Qualitätsanspruch der öffentlich-rechtlichen Programme." Und: "Kontrollieren ließe sich dieser Anspruch durch eine Art Ältestenrat zur Evaluation der Medien." Daraus folgt zwingend: "Wir werden die Berufung eines solchen Ältestenrats prüfen." Und der "müsste auch die privaten Anbieter einbeziehen."

Das ist doch mal eine neue Idee. Also nicht etwa die Forderung nach einem weiteren Gremium zur Programmbeobachtung, die ist alt. Sehr alt. Bereits vor sechzehn Jahren hat sie die so genannte Weizsäcker-Kommission in ihrem "Bericht zur Lage des Fernsehens" aufgestellt, und seither wird sie immer mal wieder und gerne nach sogenannten TV-Skandalen aufgewärmt. Neu ist lediglich der Name "Ältestenrat". Bisher war stets die Rede von einer "Stiftung Medientest", die den unmündigen und von den Medien verführten Zuschauern unabhängige Expertise anbieten sollte, ihnen ein Forum bieten und strittige Sendungen archivieren.

Wer kontrolliert die Kontrolleure?

Nun hat sich die Lage des Fernsehens in den vergangenen sechzehn Jahren offenbar kaum verändert (schon in einem SPIEGEL-Bericht  zur Weizsäcker-Kommission war die Rede von einer "TV-Mixtur aus Gewalt, Flachsinn, Sex und Polit-Posen"), die Lage der Zuschauer aber schon: In zahlreichen Internet-Foren tauschen sich heute Tausende über ihre Sicht auf das Fernsehprogramm aus. Auf Videoportalen und in den Mediatheken der Sender kann sich jeder, der über einen Breitband-Anschluss verfügt, jede umstrittene Sendung wieder und wieder ansehen. Diese Veränderungen in der hiesigen Medienlandschaft haben offenbar auch die Medienpolitiker der Union mitbekommen und in ihrem Vorschlag konsequenterweise jeden Verweis auf die Zuschauer unterlassen.

Die Einsetzung eines Medien-Ältestenrates wäre dennoch zu begrüßen - wenn er es denn schaffen könnte, die für die Kontrolle der Privaten zuständigen Landesmedienanstalten dazu zu bringen, ihre eigenen Regeln auch tatsächlich durchzusetzen . Und wenn er dafür sorgen könnte, dass die in den Rundfunkräten der Länder und im Verwaltungsrat des ZDF sitzenden Würdenträger ihren Einfluss auf die Sender nicht zur Durchsetzung ihrer eigenen Interessen missbrauchen.

Das ist nicht zu erwarten. Den noch nicht näher definierten "Ältestenrat" muss man sich eher als einen nach Parteienproporz besetzten Gesprächskreis vorstellen, höchstwahrscheinlich unter dem Vorsitz des ehemaligen Deutschlandradio-Intendanten Ernst Elitz, der sich ja jetzt schon oft und gerne zur Zukunft des Qualitätsjournalismus äußert, wann immer ihm dafür neben seiner Tätigkeit als Kommentator der "Bild"-Zeitung noch Zeit bleibt.

Aber wenn das neue Gremium schon nichts bringen wird, so wird es auch kaum schaden. Man setze es also gerne ein. Nötig wird es dann aber auch werden, noch eine weitere Instanz zu schaffen, deren Aufgabe es sein wird, die vielfältigen Aktivitäten von Ältestenrat, ZDF-Verwaltungsrat, Rundfunkräten und Landesmedienanstalten zu koordinieren: eine Kommissionskontrollkoordinationskommission (KoKoKoKo), proportional besetzt mit Vertretern aus Bund, Ländern, Parteien und kontrollierten Kommissionen.

Und dann wird auch das Fernsehprogramm besser. Garantiert.

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