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Anne Will zu Trump: "Die addierte Frustration der Durchschnittsamerikaner"

Foto: Wolfgang Borrs/ NDR

"Anne Will" zu Trump "Die addierte Frustration der Durchschnittsamerikaner"

Worte, Taten und viele Befürchtungen: Selbst dem einzigen Fan des neuen US-Präsidenten Donald Trump fiel bei "Anne Will" nichts wirklich Positives ein. Am Ende blieb ein trostloser Eindruck.

Wer dieser Tage als Trump-Fan in einer deutschen Talkshow sitzt, hat es nicht leicht. "Trump im Amt - Verändert das die Weltordnung?", lautete die Titelfrage bei "Anne Will", die dann von Ralph Freund, Vizepräsident der Republicans Overseas Germany, wissen wollte, ob er nach der "aggressiv-nationalistischen" Inaugurationsrede vom Freitag immer noch Trump wählen würde, wenn er denn könnte. Der CDU-Mann druckste herum, sprach von befremdlichen Tönen und meinte, man solle doch erst mal die Taten abwarten.

Was die nun betrifft respektive die einschlägigen Erwartungen, so reichte es, den anderen Gästen zuzuhören, um nach all dem, was dieser Tage über die Problemfigur im Weißen Haus gesagt, geschrieben und gesendet wurde, noch einmal einen ziemlich trostlosen Eindruck zu gewinnen. Auch Freunds Parteikollegin Ursula von der Leyen ließ es nicht an Deutlichkeit mangeln, indem sie Trumps Agenda und Methodik ("permanenter Regelbruch", "alles schlechtreden") samt den eklatanten Widersprüchen gleichsam im Kompaktformat auflistete.

Historiker Michael Wolffsohn, von der Gastgeberin um ein möglichst rationales Urteil gebeten, musste zunächst einmal loswerden, dass er Trumps Nationalismus schrecklich finde und ihn selbst "ungebildet, ohne Herzensbildung", um aber sodann zu konstatieren, dass es sich bei dieser Präsidentschaft um die Konsequenz einer Entwicklung handele. Donald Trump verkörpere "die addierte Frustration der Durchschnittsamerikaner" angesichts der Haltung der Europäer ihnen und ihrer bisherigen Rolle in der Welt gegenüber. Oder, um es mit einer etwas gewagten Metapher zu sagen: Er sei "der Mund des amerikanischen Bauches".

"Der Mann meint, was er sagt"

Ob es auch Bündnistreue künftig nur noch gebe, wenn sie den USA nütze, wollte Will im Weiteren wissen. Günter Verheugen sagte genau das voraus, da Trump schließlich alle internationalen Institutionen und Abmachungen infrage stelle. Weniger Interventionismus möge ja in Ordnung sein, aber es gebe nun keine Idee mehr, für die Amerika einstehe. Wolffsohn sah eine wachsende transatlantische Entfremdung und schwindende Bedeutung Europas für die USA, was der Verteidigungsministerin Gelegenheit gab, nicht nur an die europäische Eigenverantwortung zu appellieren, sondern auch daran zu erinnern, dass Vertrauen nicht aus Kosten-Nutzen-Erwägungen resultiere und die Nato mehr sei als eine Frage von zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes für die Verteidigung, weil sie ja doch auch für Werte stehe. Ohnehin sei "mehr europäische Farbe" wünschenswert.

Während die Ministerin, schon in der US-Wahlnacht bekanntlich "schwer geschockt", gleichwohl empfahl, sich unaufgeregt und im Sinne der eigenen wie wechselseitigen Interessen auf die neue Lage einzustellen, konnte Verheugen, der ehemalige EU-Kommissar, nur dazu raten, den neuen Präsidenten samt seiner gefährlichen Politik "bitter, bitter ernst zu nehmen", denn "der Mann meint, was er sagt". Seit 30 Jahren gebe es da eine Konstanz insofern, als es Trump immer nur um Deals zugunsten merkantiler Interessen gehe.

Später präsentierte die Moderatorin ein "Playboy"-Interview mit Trump von 1990, in dem dieser auf die damals noch sehr theoretische Frage, was er als US-Präsident tun würde, zur Antwort gab, er würde auf jeden importierten Mercedes-Benz eine Steuer erheben.

Der Trump-Fan ist kaum noch zu vernehmen

Damit war man bei einem anderen Kernthema des Abends, der Wirtschaftspolitik und ihren zweifelhaften Perspektiven infolge des angekündigten Protektionismus. Trump, der mit seinen Plänen etwa für den Automarkt dem eigenen Land am meisten zu schaden drohe, habe die globalisierte Wirtschaft schlichtweg nicht verstanden, befand bündig BDI-Präsident Dieter Kempf. Verheugen, der im Übrigen ein kurzfristiges amerikanisches Jobwunder für möglich hielt, widersprach und brachte das mittlerweile notorische Argument ins Spiel, dass es eben die Globalisierungsverlierer seien, von denen Trump und die entsprechenden anderen Bewegungen auch in Europa profitierten. Das werfe eine neue soziale Frage auf.

Aber nicht nur das. Verglichen mit Trumps Abschottungskurs muteten die neuen Töne ausgerechnet aus China, wie soeben in Davos geäußert, geradezu wie eine Stimme der freien Welt an, gab von der Leyen leicht süffisant zu bedenken, nachdem sie bereits an anderer Stelle unter lebhaftem Studiobeifall ganz grundsätzlich geworden war: Trumps Beschimpfung der etablierten Politik sei auch deswegen so falsch, weil sie viele Menschen davon abschrecke, sich für die Demokratie einzusetzen.

Von Trump-Fan Freund war währenddessen nicht mehr allzu viel zu vernehmen - außer seinem Einwand, er halte all die Szenarien für verfrüht, und man könne dem Präsidenten ja doch "nicht hinter die Stirn schauen." Trockener Konter des BDI-Präsidenten: "Aber man kann ihm zuhören, das ist schrecklich genug."

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