Am Filmset der "Nachtschicht" "Ich bin froh, dass ich wieder Schauspieler sein darf"
Armin Rohde, Schauspieler:
"Es herrscht eine Art von "jetzt erst recht" und eine fast schon fröhliche Stimmung. Und alle sind sehr glücklich, dass wir arbeiten können. Ich habe über ein halbes Jahr nicht mehr gedreht bis hierher, und ich bin froh, dass ich endlich wieder Schauspieler sein darf."
17.00 Uhr: Also Frühstückszeit am Filmset der Krimiserie "Nachtschicht". Regisseur Lars Becker und sein Team besprechen den anstehenden Drehtag.
Seit 17 Jahren gibt es die Serie. Jedes Jahr eine Folge. Dann kam die Pandemie-Pause. Seit Ende Juni kann wieder gedreht werden - unter strengen Auflagen. Alle, die das Set besuchen oder dort arbeiten müssen einen negativen Covid-Test vorweisen. Griffe und Flächen werden ständig desinfiziert.
Heidi Torke ist die Hygienebeauftragte am Set und sorgt zum Beispiel dafür, dass alle Masken tragen.
Heidi Torke, Hygienebeauftragte:
"Nach Möglichkeit muss auch der Abstand beim Drehen eingehalten werden, das ist natürlich nicht immer ganz machbar, gerade wenn man ein enges Set hat, wo auch viele Leute sind. Das ist ja nicht nur der Protagonist und sein Gegenspieler, der da ist, sondern auch noch das ganze Team mit Kamera."
"Natürlich ist es auch ein bisschen undankbarer Job. Ich sage dann immer ganz gerne Ihr werdet mich heute Abend alle hassen. Aber das macht nichts. Als vierfache Mutter bin ich es gewohnt, gehasst zu werden."
Schauspielerin Idil Üner ist zum ersten Mal bei der "Nachtschicht" dabei und eine der beiden neuen Kolleginnen von Kommissar Bo Erichsen. Was vermisst sie bei den Dreharbeiten am meisten?
Idil Üner, Schauspielerin:
"Naja, dass man zum Beispiel, wenn man jemand lieb gewonnen hat, nicht einmal umarmen kann. Ich finde es nicht ganz so schlimm, muss ich sagen, es gibt Schlimmeres. Und natürlich hoffe ich, dass es nicht ewig so bleibt. Das ist jetzt eine besondere Zeit, deswegen besondere Maßnahmen. Wir sind ja noch am freiesten, weil wir vor der Kamera die Maske abnehmen können. Die anderen müssen die ja immer drauf behalten."
Im Gegensatz zu anderen Fernsehserien ist das Virus in dieser Folge der "Nachtschicht” Teil der Sendung. Innerhalb weniger Wochen? wurden die Drehbücher umgearbeitet.
Lars Becker, Regiesseur:
"Nicht gut gewesen wäre, das Thema vollkommen außen vor zu lassen und zu ignorieren. Das heißt, die ganze Masken-Problematik, Abstands-Problematik, als das überhaupt nicht zu erzählen, wäre im Fall von Nachtschicht gar nicht gut gewesen, weil die Nachtschicht alle Folgen irgendwie einen starken sozialen Bezug zu sozialen Problemen haben und ja, eigentlich akut in dem Moment erzählen und nicht irgendwie Interpretationsfrei."
Auch Kommissar Bo Erichsen alias Armin Rohde muss sich erst einmal zurechtfinden im neuen Polizeirevier und den neuen Gegebenheiten.
Armin Rohde, Schauspieler:
"Hände desinfizieren! In einigen Szenen wird man das sehen, wenn ich reinkomme, muss ich mir erst die Hände desinfizieren."
"Die Kollegin hat die Maske unterm Kinn oder manchmal in einer Szene betreten wir ein Restaurant mit Maske, wir nehmen sie für den Dialog ab. Es macht keinen Sinn, wenn die Hauptdarsteller die ganze Zeit so spielen. Da denkt man: Geht's noch? Dann lasst es doch gleich bleiben!"
Lars Becker, Regiesseur:
"Unter den Bedingungen von Corona haben sich Themen nochmal ganz stark nach vorne gespült, die viele Leute noch nicht so gesehen haben. Thema Rassismus, Thema Klima, Thema Ernährung. Da bin ich auch als Filmemacher aufgefordert, ohne moralischen Zeigefinger oder ohne didaktische Filme machen zu wollen. Aber ich bin aufgefordert, dazu Stellung zu nehmen, solange ich das kann. Und ich bin dankbar und demütig genug und sehe das auch so, dass ich ein Privileg habe dadurch, dass die Nachtschicht halt auch eine sehr, sehr gute Quote hat, dass wir Storys erzählen können, die genau darauf zurückgreifen. Hat er das zu Corona gesagt oder über die anderen Themen wie Rechtsextremismus?"
Armin Rohde, Schauspieler:
"Es ist ohne Vergleich in der Menschheitsgeschichte, was derzeit passiert. Keiner weiß genau, wie die Kollateralschäden aussehen, welche Folgeschäden es geben wird und so weiter. Und wir müssen uns fragen, wir müssen uns tatsächlich fragen, was genau beschützen wird. Was halten wir in dieser Gesellschaft und für die Menschheit Schützenswert. Was bewaren wir da? Ich bin jetzt im Alter, wo ich denke okay. Rein statistisch ist das irgendwie absehbar, und ich würde sagen, ich würde lieber zwei Jahre eher abtreten als bis zum Ende meines Lebens, jetzt mit …. ohne Theater, ohne Kunst, ohne Restaurants, ohne das alles. Warum? Warum will ich denn da 90 werden? Warum denn dann? Macht für mich keinen Sinn."