Kolonialismusdebatte Umstrittene Lieder werden bei "Last Night of the Proms" doch gesungen

Nach Kritik wegen Kolonialismusbezügen hieß es zunächst, die Lieder "Rule, Britannia" und "Land of Hope and Glory" würden beim Finale der Londoner Sommerkonzerte ohne Gesang aufgeführt. Nun rudert die BBC zurück.
Bei den "Last Night of the Proms"-Konzerten gehört in Großbritannien das Absingen patriotischer Lieder zur Tradition

Bei den "Last Night of the Proms"-Konzerten gehört in Großbritannien das Absingen patriotischer Lieder zur Tradition

Foto: Rob Ball / Redferns via Getty Images

Zum Abschluss der traditionellen Londoner Sommerkonzertreihe gehört in Großbritannien das Singen patriotischer Gassenhauer. Die Tradition bei der "Last Night of the Proms" geriet durch die Black-Lives-Matter-Proteste jedoch in die Kritik, zunächst kündigte die BBC an, die traditionellen Hymnen "Rule, Britannia" und "Land of Hope and Glory" nur als Orchesterversion ohne Gesang spielen zu wollen. Nun sollen die Lieder allerdings doch gesungen werden - von einigen ausgewählten Chorsängern, wie der Sender berichtete.

Im Zuge der Black-Lives-Matter-Proteste und erbitterter Debatten über die koloniale Vergangenheit Großbritanniens hatte es einen heftigen Streit um die Liedtexte gegeben. In "Rule, Britannia" von 1740 heißt es unter anderem: "Herrsche Britannia ... Briten werden niemals Sklaven sein." Dass die BBC die Lieder daraufhin ohne Gesang spielen wollte, hatte Premier Boris Johnson als "Selbstdiskriminierung" kritisiert. Vielen Britinnen und Briten aber ist die Sehnsucht nach imperialer Größe, mit der Konservative die Lieder anstimmen, auch schon lange peinlich.

Neuer BBC-Chef will Sender reformieren

Wegen der Corona-Pandemie finden die Abschlusskonzerte am 12. September in der Royal Albert Hall in diesem Jahr ohne Publikum statt - für Zuschauerinnen und Zuschauer sind sie nur im Rundfunk zu erleben. "Die Texte werden im Saal gesungen, das Publikum kann - wie wir es immer betont haben - gern von zu Hause aus mitsingen", hieß es von einem BBC-Sprecher.

Dass die BBC die Lieder nun doch singen lässt, wurde einen Tag nach dem Antritt des neuen BBC-Chefs Tim Davie bekannt. Davie hatte der britischen Nachrichtenagentur PA zufolge betont, der Sender müsse dringend reformiert werden.

Die Diskussion um die Lieder hält im Kern schon seit Jahren an. Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 war "Rule, Britannia!" schon einmal aus dem Programm geflogen. Der amerikanische Dirigent Leonard Slatkin ließ das patriotische Finale von 2002 bis 2007 deutlich kürzen und das Lied nur noch anspielen. Seit 2008 war es aber wieder in der vollständigen Version im Programm.

evh/dpa
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