Finale von "Breaking Bad": Walter White ist am Ende
Serien-Finale
Warum wir "Breaking Bad" lieben
Die allerletzten Episoden der Kultserie "Breaking Bad" starten am Sonntag in den USA - und sind hierzulande fast zeitgleich zu sehen. In einem Blog werden wir das Finale Folge für Folge begleiten. Warum? Eine Liebeserklärung an eine der besten Serien aller Zeiten.
Wird er überleben? Über viereinhalb Staffeln hat Walter White (Bryan Cranston) gekämpft - erst gegen den Krebs, gegen die Drogenkartelle, gegen die Fahnder der DEA und schließlich auch gegen die eigene Familie, die es mit ihm nicht mehr aushält. Weil seine Krankenversicherung die Krebstherapie nicht abdeckte, hatte sich der Chemielehrer gezwungen gesehen, aufs Kochen der hochprofitablen Droge Crystal Meth umzusatteln - und Geschmack am Verbrechen gefunden. Am Kapitalverbrechen.
Seit 2008 hat die Ausnahmeserie "Breaking Bad" den Niedergang eines einfachen amerikanischen Mannes, der für seine Familie sorgen will, aber nicht kann, und den Aufstieg eines gerissenen Despoten, der auch das Leben von Kindern riskiert, geschildert. Am Sonntag geht die mehrfach Emmy-prämierte Serie in die Schlussrunde. Die ersten acht Folgen der fünften und letzten Staffel waren im Sommer 2012 zu sehen. Nun startet die zweite Hälfte samt Finale und der Antwort auf die Frage: Wird Walter am Ende der Serie noch leben?
In Deutschland werden die neuen Folgen jeweils am Mittwoch nach der Premiere im US-TV auch im iTunes-Store verfügbar sein. SPIEGEL ONLINE wird zu jeder neuen Folge bloggen und die wichtigsten Fragen zu Walters Schicksal diskutieren. Als Vorgeschmack haben wir noch einmal fünf Gründe gesammelt, warum genau "Breaking Bad" so herausragend ist.
Als Alter Ego Heisenberg traut sich Walt (Bryan Cranston, links) sogar, Drogenbossen wie Gus (Giancarlo Esposiot) unerschrocken entgegenzutreten.
Foto: AP / AMC
1. Weil keine andere Serie uns so einen zwiespältigen Helden wie Walter zumutet.
Er tue das alles nur für seine Familie - so rechtfertigt Walter seine Karriere als Drogenbaron. Aber schon ganz am Anfang, als die Krebsdiagnose und eine Verkettung von unglücklichen Umständen den verhuschten Chemielehrer in die Kriminalität locken, blitzt es auf, das gekränkte Ego hinter dem liebenswerten Nerd, das als geheimnisvolles Meth-Genie "Heisenberg" doch noch Genugtuung findet. Wie sich Geldgeilheit, Machtgier und Mordlust unter Walts biederer Fassade Bahn brechen, wie Walts vermeintliche Sorge um die Familie dieselbe durch die Hölle schickt, das gehört zu den fesselndsten Geschichten seit Shakespeare. Denn heimlich möchte man diesem Mann auch nach fünf Staffeln noch glauben, was er sich selbst immer verzweifelter weismachen will: dass er sich zum Meth-Papst nur aufschwang, um seine Frau und Kinder zu beschützen, dass er bloß mordet, um seinen Junkie-Partner Jesse (Aaron Paul) vorm Verderben zu retten - dass er gezwungen ist, ums Überleben zu kämpfen. Dass wir nur Opfer der Umstände sind, denken wir alle gern mal. Walter White zeigt uns, dass sie selbst gewählt sind. Nina Rehfeld
Schrecklich - und schrecklich lustig: In "Breaking Bad" sieht Verbrechen selten elegant aus. Meist spritzt Blut, und manchmal erwischt es sogar Kinder.
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2. Weil Erschrecken und Lachen so nah beieinander liegen.
Eine Leiche in der heimischen Badewanne in Säure aufzulösen, ist keine lustige Angelegenheit. Außer in "Breaking Bad". Wenn Walter und Jesse fluchend die verflüssigten Fleischreste eines Ganoven vom Fußboden aufwischen, ist dies so verstörend komisch und geschmacklos, dass man kurzzeitig am eigenen Verstand zweifelt - nur um schnell festzustellen, dass es dem kichernden Couchnachbarn genauso geht. Explosive Gewaltausbrüche und Slapstick bilden hier ein ebenso effizientes Paar wie Walter und Jesse. Egal, ob Drogendealer Tuco im Affekt einen Untergebenen zu Tode prügelt oder Walter versucht, eine Fliege an der Decke mit seinem Schuh zu eliminieren: In "Breaking Bad" wird selten sauber gekillt. Da Verbrechen in der Serie immer hoch ästhetisch gefilmt ist und - zumindest, wenn es von Walt erdacht wurde - technisch brillant ausgeführt wird, umgehen die Macher so die Gefahr, Gewalt zu glamourisieren. Das reine Böse gibt es hier nicht, es ist immer auch ein klein wenig lächerlich. Denis Krick
Saul Goodman (Bob Odenkirk): Ein Spinoff mit dem fragwürdigen Anwalt für Klein- und Schwerstkriminelle ist laut Serienmacher in Planung.
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3. Weil jede Nebenfigur eine eigene Serie verdient hätte. "Call Saul!" Auch nach fast fünf Staffeln ist nicht geklärt, ob es eine gute Idee von Walter war, den windigen Anwalt Saul Goodman anzuheuern. Mal scheint Saul der einzige zu sein, der Walters Geld und Leben noch retten könnte. Mal scheint er das größte Risiko der ganzen Operation darzustellen. Klar ist aber: Saul ist eine so wunderbar verwegene Type, dass die "Breaking Bad"-Macher nur gut daran tun, ein Spinoff mit ihm zu planen. Dabei ist er bei weitem nicht die einzige Figur im Serienkosmos von Albuquerque, New Mexico, die mit zweifelhaften Outfits und noch zweifelhafteren Lebensentscheidungen fasziniert. Da ist der spießige Veganer Gale, der seinen Perfektionismus am besten im Drogenlabor ausleben kann; da ist der Gangster-Opa Hector Salamanca, der trotz Komplettlähmung pure Bedrohung ausstrahlt; da ist der melancholische Auftragskiller Mike, der sich Seelenheil nur noch vom perfekten Verbrechen erhofft. Auch wenn im Zentrum von "Breaking Bad" der Kampf der zwei Seelen in Walters Brust steht: Serienschöpfer Vince Gilligan hat es geschafft, das Widerstrebende und Tragische menschlicher Persönlichkeiten auch in den kleinsten Nebenfiguren aufleben zu lassen. Hannah Pilarczyk
Gierig wie ein Börsenhai: Walters Leben dreht sich von Staffel zu Staffel immer mehr ums Geld - und natürlich um die Macht, die damit einhergeht.
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4. Weil keine Serie sonst so elegant vom Elend des Kapitalismus erzählt.
Der Gangster als Spiegelbild des ruchlosen Unternehmers ist ein Motiv, das fast so alt wie Hollywood selbst ist. Spätestens seit den achtziger Jahren dient vor allem der kriminelle Drogenhandel als Metapher für kapitalistische Wertschöpfung - und in "Breaking Bad" werden diese beiden Allegorien kongenial mit dem Schicksal des weißen, mittelalten Jedermanns in Amerikas moderner Gesellschaft verknüpft. Walter kann den Erhalt seiner Familie und seiner Gesundheit nicht mit seinem Gehalt als Lehrer garantieren. Nach seiner Krebsdiagnose erlaubt ihm das System kein "breaking good", nur der Weg ins Verbrechen sorgt für das benötigte Geld. Walter schwingt sich zum Mobster auf und lässt sich von derselben Gier berauschen, die wahrscheinlich auch entfesselte Börsenspekulanten antreibt. So wandelt er sich vom schuftenden Schwächling zum aggressiven, zwischen Moral und Machthunger zerrissenen Alpha-Tier. "Breaking Bad" stellt den Kapitalismus nicht als solchen in Frage - zeigt aber eindrücklich, höchst unterhaltsam und mit ätzendem Sarkasmus, dass er aus Menschen Monster machen kann. Andreas Borcholte
Alles für die Familie? Walts Frau Skyler (Anna Gunn) und Sohn Walter Jr. (RJ Mitte) sind längst Opfer seines Machthungers geworden.
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5. Weil die Macher keine Angst vor großen Emotionen haben. Walters Wandel vom sorgenden Familienvater zum eiskalten Drogenkönig hat auch uns Zuschauer in ein Wechselbad der Gefühle getunkt. Das perfekt gecastete Ensemble zwingt uns mit seinem Spiel, das oft weniger auf Worte, mehr auf kleine Gesten und vielsagende Blicke setzt, zur Empathie: Der herzzerreißende Appell Walter juniors an seinen krebskranken Vater, sich nicht fallen zu lassen; Die Frustration Walters, als seine Frau Skyler die Wiedervereinigung der Familie ablehnt. Skylers Schrecken, nachdem Walter ihr Bild vom Ehemann auf Abwegen zurechtrückt: "Du denkst, ich bin in Gefahr? Ich bin die Gefahr." Mit Vorfreude, aber auch mit genauso viel Horror erwarten wir die letzten Folgen dieser großartigen Serie. Sie werden uns das unweigerlich schlimme Ende des Walter White zeigen. Doch waren wir von Anfang an gewarnt. Zu Beginn, in der allerersten Episode, steht der Chemielehrer White im Klassenzimmer und referiert über das Wesen der Chemie, des Lebens und - unwissend - über das, was kommen wird: "Es ist Wachstum, Niedergang - und dann Veränderung." Wie schrecklich die Veränderung allerdings sein würde, das konnte niemand ahnen. StefanKuzmany
Foto: ARTE/ Sony
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"Breaking Bad"-Star Cranston: Der Wandel des Walter White
Die letzte Hälfte der fünften Staffel von "Breaking Bad" startet in den USA am Sonntag auf AMC. In Deutschland wird die aktuelle Episode am jeweils folgenden Mittwoch im iTunes-Store erhältlich sein, im Pay-TV ist sie auf dem Sender AXN bereits Dienstagabends zu sehen. Die gesamte Staffel wird später auch noch auf Arte gezeigt.
9 BilderFinale von "Breaking Bad": Walter White ist am Ende
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Jesse (Aaron Paul, links) und Walter (Bryan Cranston): Über viereinhalb Staffeln haben sie gemeinsam gekämpft und sich zerstritten, um ihr eigenes Leben gefürchtet und das anderer beendet. Was halten die letzten Folgen der Serie für die beiden parat? +++SPOILER-Warnung: Nicht weiterlesen, wenn sie die erste Hälfe der fünften Staffel noch nicht gesehen haben+++
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Hank (Dean Norris) und sein Kollege Steven (Steven Michael Quezada) kommen Walter und seinen Geschäften immer mehr auf die Spur.
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Ein Schlüssel zum Erfolg ihrer Ermittlungen könnte Lydia (Laur Fraser) sein. Doch wird sie die anderen wirklich verraten?
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Derweil geht das Morden weiter...
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...genauso wie das Meth-Kochen.
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Skyler (Anna Gunn) hat die Erkenntnis, was Walter schon an Verbrechen begangen hat und welche er noch zu begehen bereit ist, zunächst in Schockstarre versetzt. Längst hat sie aufgehört, das von ihm angeschleppte Drogengeld zu zählen.
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Dann fängt sie an, ihren eigenen Plan zu verfolgen: Sie will nur noch, dass Walter aus ihrem Leben verschwindet.
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Auch Walters kriminelle Kollegen Jesse und Mike wenden sich zunehmend von White ab - und wollen ihren Anteil am Meth-Geschäft an schwere Jungs von außerhalb verkaufen.
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Walter White hingegen findet zunehmend Gefallen am Leben eines Drogenkönigs - und schreckt auch nicht davor zurück, sich mithilfe einer Neonazi-Gang unliebsamer Zeugen zu entledigen.
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Schrecklich - und schrecklich lustig: In "Breaking Bad" sieht Verbrechen selten elegant aus. Meist spritzt Blut, und manchmal erwischt es sogar Kinder.
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Saul Goodman (Bob Odenkirk): Ein Spinoff mit dem fragwürdigen Anwalt für Klein- und Schwerstkriminelle ist laut Serienmacher in Planung.
17 Bilder"Breaking Bad"-Star Cranston: Der Wandel des Walter White
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Kann etwas gut enden, was so anfängt? Zu Beginn von "Breaking Bad" hat man vor allem Mitleid mit dem Chemielehrer Walter White und seinen Nöten.
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Im Verlauf der Serie macht Walter jedoch eine fast unglaubliche Wandlung durch, an deren Ende er es auch mit den größten Drogenbossen von Albuquerque aufnimmt.
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Dass diese Wandlung trotz allem so glaubwürdig gerät, ist vor allem der Darstellung von Bryan Cranston geschuldet.
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Für seine Leistung ist er mehrfach ausgezeichnet worden, unter anderem gewann er bereits dreimal hintereinander den Emmy als bester Hauptdarsteller.
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Ohne den herausragenden Aaron Paul (links), der Walter Whites Geschäftspartner Jesse Pinkman spielt, könnte aber auch Cranston nicht so glänzen.
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Auch Paul ist mit dem Emmy als herausragender Nebendarsteller ausgezeichnet worden.
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Anfangs ist es noch der Nichtsnutz Jesse, der die Kontakte zu Drogendealern anbahnen muss.
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Walters Motivation bei der Sache ist es vor allem, seine Familie (Anna Gunn, RJ Mitte) zu versorgen, wenn er einmal stirbt.
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Doch mit dem Geld kommen neue moralische Dilemmata...
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...und neue Feinde wie der Drogenboss Tuco (Raymond Cruz).
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Zu Beginn der vierten Staffel haben es Walter und Jesse gleich mit zwei mächtigen Gegnern zu tun: dem Auftragskiller Mike (Jonathan Banks, hinten links) und dem Drogenboss Gus (Giancarlo Esposito). Wer wird hier mit wem fertig?
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Besonders Killer Mike beweist, wie gut er auch scheinbar ausweglose Situationen unter Kontrolle bringen kann.
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Derweil wächst das Misstrauen von Gus gegenüber seinen Mitarbeitern Walter und Jesse.
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Allein Mike kann Jesse noch im Zaum halten.
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Walter hat dagegen alle Hände voll zu tun, seinen neugierigen Schwager, den Drogenbullen Hank (Dean Norris) nicht zu viel herausfinden zu lassen.
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Doch als es zum Showdown mit dem mexikanischen Kartell kommt, bilden sich plötzlich neue Frontverläufe.
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Wie die Serie enden wird, wolle er erst im Verlauf der fünften Staffel erfahren, sagte Hauptdarsteller Cranston: "Sonst lasse ich beim Spielen vielleicht etwas durchscheinen, was Walter White noch gar nicht weiß."