"Das Traumschiff" und "Das Boot" Auf eiserner Kreuzfahrt mit dem ZDF

Hier das Schmachtfest, dort das Schlachtfest: Das Zweite zeigt erst "Das Traumschiff", dann "Das Boot" - und macht für beide in einem gemeinsamen Spot Werbung. Wirklich, ZDF?
Foto: Dirk Bartling/ ZDF/ Konietzny/ Bavaria Fiction / Sky

In der gleißenden Sonne schippert das Kreuzfahrtschiff MS "Amadea" frohgemut auf der See dahin; eine Drohne filmt den Vergnügungskahn aus Vogelperspektive. Tief unter dem Meer sieht man derweil im bedrohlichen dunklen Blau U-612 auf Tauchfahrt. Es ist eine Bewegtbildmontage, mit der das ZDF zurzeit auf U-Bahn-Monitoren für zwei aufeinanderfolgende Programmhöhepunkte Ende des alten und Anfang des neuen Jahres wirbt: "Das Traumschiff" und "Das Boot".

Am zweiten Weihnachtstag übernimmt Schlagerkönig Florian Silbereisen mit flott gestutztem Dreitagebart als Kapitän das Kommando auf dem Fernsehkreuzfahrtschiff, eine Woche später stechen die Männer um "Kaleu" Hoffmann mit ihrer motorenölverschmierten Gesichtsbehaarung in ihrer Unterwasserfestung in See.

"Erst träumen, dann zittern"

Hier das Schmachtfest, dort das Schlachtfest: Für das ZDF ist das offensichtlich alles eins. Irgendwas mit Wasser, Entspannung und Spannung auf und unter dem Meer. Und so feiert die Fernsehanstalt die beiden Produktionen, mit der die Verantwortlichen viele Quotenhoffnungen verbinden, eben im Fahrgast-TV der U-Bahn gemeinsam in einem Spot und montiert die beiden ikonografisch so unterschiedlichen Wasserfahrzeuge in ein und dasselbe Werbefilmchen. Dazu der Slogan: "Erst träumen, dann zittern".

Auf eiserner Kreuzfahrt mit dem Zweiten? Bei allem Verständnis dafür, dass man am Ende dieses für Programmgestalter schwierigen Jahres kurz vor dem Reichweitenjahresabschluss noch mal werbetechnisch in die Vollen gehen will - eine Illusionierungswunderkerze wie "Das Traumschiff" auf diese Weise mit einem Epos über die Vernichtungsfeldzüge des Zweiten Weltkriegs zusammenzuschrauben, ist mehr als verstörend.

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Foto: Nik Konietzny/ Bavaria Fiction/ Sky

Es sieht aus wie eine Verzweiflungstat: Denn sowohl im Unterhaltungssegment als auch in der Serienproduktion hinkt das Zweite zurzeit ein wenig hinterher. In Sachen Shows verfügt die ARD-Konkurrenz mit Silbereisen über einen echten Publikumsmagneten, dem das ZDF fast nichts entgegenzusetzen hat. Umso stolzer war man beim Zweiten, als man verkünden konnte, Silbereisen als neuen Kapitän beim "Traumschiff" angeworben zu haben. In Sachen Serie konnte der Sender bislang nur mit "Bad Banks" (zweite Staffel Anfang Februar) im großen Stil punkten.

Zurzeit werden beim ZDF einige große Serienprojekte vorbereitet; so könnte die Verfilmung von Frank Schätzings "Der Schwarm" in zehn Episoden, die im nächsten Jahr Drehstart feiern soll, das teuerste deutsche Serienprojekt aller Zeiten werden. Ansonsten ist man jenseits der konventionellen Event-Dreiteiler am Lerchenberg in Mainz relativ blank im Bereich des seriellen Erzählens.

Deutsche und französische Perspektive vereint

Wie zuvor die im ZDF gezeigte Krimiserie "Der Pass" ist nun auch "Das Boot" (Herstellungskosten: 26,5 Millionen Euro) die Free-TV-Erstausstrahlung einer Produktion, die von der privaten Konkurrenz des Bezahlsenders Sky gekauft wurde. Der Achtteiler liefert eine souveräne zeitgemäße Neuauflage von Wolfgang Petersens Kino- und Fernsehklassiker aus dem Jahr 1981.

Das ursprüngliche Szenario vom Überlebenskampf im U-Boot-Bauch wird in der Sky-Version in ein Verschwörungsszenario geweitet, das auch von französischen Widerstandskämpfern erzählt; die deutsche wird also um eine französische Perspektive ergänzt. Doch gleich in der Eröffnungspassage des Remakes ist der Zuschauer dabei, wie eine ganze deutsche U-Boot-Mannschaft nach einem Wasserminentreffer elendig absäuft.

Nichts gegen ein ordentliches Kontrastprogramm zum Jahreswechsel - aber das eskapistische Gute-Laune-Grauen vom "Traumschiff" mit dem realen Kriegs-Grauen zu collagieren, ist wirklich geschmacklos. Erst träumen, dann zittern? Wirklich, ZDF?


"Das Traumschiff", zweiter Weihnachtstag, 20.15 Uhr. "Das Boot", ab 3. Januar, 20.15 Uhr

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