Duell-Moderatoren Peter Kloeppel, Maybrit Illner, Anne Will und Stefan Raab
Foto: Maurizio Gambarini/ dpaMan kann nicht sagen, dass sie sich keine Mühe gegeben hätten.
Schöne Fragen haben sie sich ausgedacht, die vier Moderatoren des TV-Duells zwischen Angela Merkel (CDU) und ihrem Herausforderer Peer Steinbrück (SPD). Fragen, die die Bewerber aus der Reserve locken sollten, von Anfang an: Warum ihn nicht eine Woge der Empörung ins Kanzleramt tragen würde, wenn die Regierung so schlecht sei, wie er sagt, wollte Maybrit Illner zu Beginn von Peer Steinbrück wissen. Und ob sie denn sicher sei, dass beim Wahl-O-Mat tatsächlich die CDU als Ergebnis ausgeworfen würde, wenn sie dessen Fragen ehrlich beantworte, fragte als Erstes Stefan Raab die Amtsinhaberin.
Und es folgten noch viele weitere schöne Fragen, die gut klangen, gewitzte Fragen, wie sie Journalisten stellen, wenn sie sich Gedanken gemacht haben, allein: Oft genug waren es rhetorische Fragen, auf die keine ernsthaften Antworten zu erwarten waren. Peer Steinbrück und Angela Merkel wedelten sie locker weg und gingen dann sogleich dazu über, auch ihr vorbereitetes Programm abzuspulen.
So konnte keine wirkliche Debatte aufkommen. Der Medienjournalist Stefan Niggemeier hat kurz vor dem Duell den Vorschlag aufgeschrieben, man solle doch künftig bitte auf jegliche Moderation verzichten, denn vier Moderatoren seien vier zu viel. In Zukunft bitte nur noch die Kandidaten, dazwischen eine Art Schachuhr, mehr brauche es doch nicht.
Nach dem Duell kann man Niggemeier nur recht geben - was allerdings nicht als Vorwurf an die vier Fragensteller zu verstehen ist. Auch wenn mehr als einmal der Eindruck entstand, dass die schiere Anzahl der Frager auch zarteste Ansätze einer Debatte schon deshalb sofort erstickten, weil ja der oder die nächste mit seiner oder ihrer nächsten, gewiss schön ausgedachten Frage drankommen musste - es liegt nicht an Maybrit Illner, Anne Will, Peter Kloeppel und Stefan Raab, dass das Duell kein Duell war. Es liegt am System.
Nett und lustig, aber keine Hilfe
Zwar ist es nett, wenn Journalisten mit frechen Fragen glänzen. Und streckenweise sogar lustig, Stefan Raab in einer ungewohnten Rolle zu sehen. Doch ein TV-Duell soll nicht nett und lustig sein. Es kann für die Zuschauer nur einen einzigen Zweck haben: Es soll ihnen helfen, sich zu entscheiden, wen sie wählen wollen. Für eine Entscheidung jedoch müssen ihnen klare, gegensätzliche Positionen präsentiert werden. Das nun wieder zum Einsatz gekommene TV-Format hilft dabei nicht. Es verhindert Klarheit.
Zwei öffentlich-rechtliche Sender, dazu die beiden größten Privatsender-Konzerne, wollten ihre besten Leute beim wichtigsten politischen TV-Termin in Stellung bringen. Niemand sollte wichtiger sein als die anderen - und sei es auf Kosten einer lebendigen Debatte.
Die Sendung hieß "Das TV-Duell" - ehrlicherweise hätte es "Vier gegen zwei" heißen müssen. Merkel und Steinbrück konnten sich gegenseitig recht geben, konnten ihre Standardreden halten, ohne sich dabei anzusehen. Sie konnten aneinander vorbei zum Quartett der Frager sprechen. Sie mussten sich nicht streiten - dabei sollten sie doch genau das tun. Um Stimmen, um Wähler, und vor allem: für die Demokratie.
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Bundeskanzlerin Angela Merkel und Kanzlerkandidat Peer Steinbrück im einzigen TV-Duell in diesem Bundestagswahlkampf: In Berlin-Adlershof lieferten sich die beiden einen Schlagabtausch.
Bei ihrer Ankunft vor dem Fernsehstudio in Berlin-Adlershof wurde Angela Merkel von ihren Anhängern begrüßt - mit Jubelrufen und "Angie"-Postern.
Screenshot aus dem TV-Duell: Merkel ging als klare Favoritin in die Debatte. Für Steinbrück hing von dem Auftritt besonders viel ab - er liegt in den Umfragen klar hinter seiner Konkurrentin.
Vier Moderatoren führten durch das TV-Duell (v.l.): Peter Kloeppel (RTL), Maybrit Illner (ZDF), Anne Will (ARD) und Stefan Raab (ProSieben).
Raab fragte mehrfach forsch nach und lieferte sich kleine Nickligkeiten mit der Kanzlerin, als diese seine Fragen nicht präzise beantwortete.
Steinbrück zeigte sich angriffslustig, Merkel gab sich wie gewohnt präsidial. Die Kritik des SPD-Kandidaten lächelte die Kanzlerin meist weg.
Erste Umfragen sahen Steinbrück als knappen Sieger. Laut Infratest Dimap siegte der Herausforderer mit 49 zu 44 Prozent.
Zum heimlichen Star auf Twitter wurde schon in den ersten Minuten des TV-Duells die scharz-rot-goldene Halskette von Angela Merkel. Innerhalb einer halben Stunde hatte der spontan eingerichtete Account @schlandkette bereits mehr als 2000 Follower. Der Tweet "Hätte, hätte, Deutschlandkette" gehörte zu den am meisten verbreiteten Kurznachrichten des Abends.
"Hätte, hätte, Fahrradkette" - dieser Satz ist zu einem Markenzeichen von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück geworden.
Dutzende Journalisten berichteten live aus dem Fernsehstudio in Berlin-Adlershof. Sie sahen das Duell allerdings nicht live, sondern nur auf Bildschirmen.
Public Viewing in der "Ständigen Vertretung" in Berlin. Für das TV-Duell wurden Rekord-Einschaltquoten erwartet.
Auch in diesem Wohnwagen auf einem Camping-Platz am Harkort-See in Hagen-Vorhalle (Nordrhein-Westfalen) flimmerten Merkel und Steinbrück über den Bildschirm.
Die Uni Hohenheim wertete die Reaktionen von 220 Testzuschauern auf das TV-Duell aus - hier ist eine der Testpersonen in Stuttgart mit einem entsprechenden Drehregler zu sehen.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble kam in das Berliner Fernsehstudio, um den Auftritt von Kanzlerin Merkel zu sehen.
Hier warten (v.l.) die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) und CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt auf den Beginn der TV-Debatte.
Die Gäste im Fernsehstudio in Berlin-Adlershof sahen sich das TV-Duell auf den Bildschirmen an. In seinem ersten Redebeitrag sagte Steinbrück: "Meine Bitte ist: Lassen Sie sich nicht einlullen." Merkel konterte wenig später: "Wir haben gezeigt, dass wir es können - und das in einer schwierigen Zeit."
Nach dem TV-Duell gönnte sich Steinbrück ein kühles Bier.
Merkel ließ sich nach dem Duell in Adlershof von CDU-Mitgliedern und Anhängern feiern.
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