Deutsche Renommierschau in China Aufklärung? Nicht mit uns!
Bis zum 31. März 2012 läuft sie noch, die deutsche Großausstellung "Die Kunst der Aufklärung" im neuen gigantischen Chinesischen Nationalmuseum in Peking, die zum Eklat wurde, weil die chinesische Führung dem an der Ausstellung beteiligten Sinologen Tilman Spengler die Einreise verweigerte, und weil kaum 24 Stunden nach Westerwelles Eröffnungsrede der bekannte Künstler Ai Weiwei verhaftet wurde. Das hat zwar mit der Ausstellung nichts zu tun, wohl aber mit Aufklärung.
Damit macht die Volksrepublik China deutlich, dass sie auf die Grundsätze der Aufklärung, auf Kunstfreiheit und Menschenrechte pfeift. Und es kam noch schlimmer: Deutschlands Renommierschau wird von der chinesischen Politik ignoriert, die Ausstellung wird nicht beworben, und es wird Eintritt verlangt. Die deutschen Verantwortlichen aus Politik und Museen reagierten undeutlich und waren eher genervt von lauten Vorwürfen.
Nachdem Ai Weiwei jetzt frei ist und die öffentliche Empörung über die Schau sich gelegt hat, kommt Heinz Peter Schwerfels 52-minütiger Film "Bilder einer Ausstellung. China und die Aufklärung" gerade richtig: Schwerfel erzählt die Geschichte der Ausstellung und des gescheiterten Kulturaustausches mit ruhiger Sachlichkeit - aber auch mit klarer Haltung.
Schon die ersten Bilder zeigen den propagandistischen Stellenwert des größten Museums der Welt am Platz des Himmlichen Friedens, gegenüber der Großen Halle des Volkes, zwischen Mao-Museum und Kaiserpalast.
"Nicht nur ein kultureller Vorgang"
Schwerfels Film stellt das Museum vor und fragt nach den Absichten der Ausstellung "Kunst der Aufklärung". Es sei "eine Herausforderung", findet Martin Roth, Direktor der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, "an diesem zutiefst politischen Ort mit einem zutiefst politischen Thema die richtige Botschaft in der richtigen Tonlage zu vermitteln".
Ein "Meilenstein in unseren kulturellen Beziehungen" sei es, sagt Guido Westerwelle in seiner Eröffnungsrede, "nicht nur ein kultureller Vorgang, sondern ein Ereignis mit einer politischer Dimension".
Dann kommen die Verantwortlichen deutschen Kunsthistoriker zu Wort: Michael Eissenhauer, Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin, Klaus Schrenk, Generaldirektor Bayerische Staatsgemäldesammlungen München, oder Moritz Wullen, Museumskurator aus Berlin. Der sagt zum Beispiel: "Unsere chinesischen Museumskollegen vermitteln uns das Gefühl, dass die Aufklärung fester Teil ihres Selbstverständnisses ist." Und das, fragt Filmemacher Schwerfel, ausgerechnet an einem Ort, an dem Bildung mit Zensur als glattgebügelte Kultur vermittelt wird? Auch Alexander Ochs, einer der ersten Galeristen in China, sieht das anders: China sei eine "Diktatur der Partei".
Zu Wort kommen chinesische Kuratoren, zum Beispiel über den Unterschied chinesischer und europäischer Bildtradition oder über die Monumentalität der Ausstellung, chinesische Kunstprofessoren und Kunststudenten sprechen über Vermittlung und Verständnis der Schau und über die eigene Situation. Über den heute enorm wachsenden zeitgenössischen Kunstmarkt.
Damit kommt der Film ein wenig ab von der Kunst der Aufklärung, findet aber zurück und endet mit dem Resümee: Versprochen war Aufklärung durch Kunst. Geliefert wurde "Kunst der Aufklärung", eine Ausstellung, die die deutsche Politik unfreiwillig zum Politikum machte. Denn mit Kultur Politik zu machen, ist eine Kunst. Aber nur für Aufgeklärte.
Angemerkt sei noch, dass in Deutschland 2012 ein China-Kulturjahr stattfindet - und dessen Programm wird in Peking gemacht.
"Bilder einer Ausstellung. China und die Aufklärung", Montag, 24.10., 22.35 Uhr, Arte