
RTL-Agentenserie: Der Spion, der das US-Fernsehen infiltriert
Neue RTL-Serie Deshalb müssen Sie "Deutschland 83" schauen
Das Szenario: Ein junger NVA-Soldat wird Anfang der Achtzigerjahre gezwungen, unter falscher Identität die Bundeswehr zu infiltrieren. Vor dem komplexen politischen Hintergrund von nuklearen Planspielen, Pershing-Tests und SS-20-Stationierungen geht es um Loyalitäten und Überlebensstrategien, um Alltag und Ideologie. Der Kalte Krieg aus der Nahperspektive.
Der Star: Jonas Nay. Er ist das Gesicht des jungen deutschen Films und hat zwischen dem Cybermobbing-Drama "Homevideo" und der Postwendegeschichte "Wir sind jung. Wir sind stark" schwierige Charaktere in Reihe gemeistert.
Der beste Satz: "Die machen hier keine Paraden. Die Gleichgültigkeit der Massen, hier nennt man sie Freiheit." Das antwortet der Verbindungsmann im Westen, als der frisch aus dem Osten in Bonn eingetroffene Nachwuchsspion fragt, wo denn in der kleinen stickigen bundesrepublikanischen Hauptstadt die Paraden stattfinden. RTL goes Kapitalismuskritik, herrlich.
Wird hier eine Renaissance der deutschen Serie eingeleitet?
Das bleibt abzuwarten. Zwar bastelt man momentan bei allen deutschen Fernsehanbietern fleißig, insgesamt wird aber noch sehr mit dem Genre gefremdelt. Sowohl die Erzählweisen als auch die Produktionstechniken, die man vom US-Fernsehen zu übernehmen versucht, bereiten den deutschen TV-Bürokraten oft Schwierigkeiten. Mit "Weissensee" und "Weinberg" wurden zwar starke, genuin deutsche Serienstoffe entwickelt, aufwendige Prestigeproduktionen wie "Blochin" aber überzeugten weder künstlerisch noch quotentechnisch. Im Moment schauen alle, wie sich Tom Tywkers 16-Millionen-Euro-Projekt "Babylon Berlin" entwickelt - aber das steckt gerade in der Drehbuchphase fest.
Warum soll ich "Deutschland 83" anschauen?
Eben weil es eine der ganz wenigen Serien ist, die ein spezifisch deutsches Thema auf der Höhe internationaler Erzählstandards aufzuarbeiten versteht. Hier gibt es grimmigen Witz, ein politisch aufgeladenes Setting und bis zur Schmerzgrenze ambivalente Figuren: "Weissensee" trifft "Homeland".
Und wenn ich mehr zu der Serie wissen will?
Dann lesen Sie hier unsere ausführlich Rezension.
Bewertung: 10 von 10 Punkten