Hongkong Disney+ zeigt chinakritische »Simpsons«-Folge nicht

China zeigt sich humorbefreit – selbst, wenn es sich um Comicfiguren handelt. Die Diktatur sperrt eine »Simpsons«-Folge, in der die Proteste auf dem Tiananmen-Platz 1989 thematisiert werden.

Eine Folge der beliebten US-Zeichentrickserie »Die Simpsons« mit einem Hinweis auf die blutige Niederschlagung von Protesten auf dem Tiananmen-Platz 1989 in Peking ist im Disney-Streamingdienst in Hongkong nicht aufrufbar. Nach Hinweisen von aufmerksamen Kunden stellte die Nachrichtenagentur AFP am Montag bei einem eigenen Test fest, dass Episode zwölf der 16. Staffel bei Disney+ in Hongkong fehlt – die Folgen elf und 13 sind hingegen verfügbar.

In der fehlenden Folge reist die Familie Simpson nach China, um ein Baby zu adoptieren. Dabei besuchen sie auch den Tiananmen-Platz. Dort ist ein Schild zu sehen, auf dem steht: »Auf diesem Platz ist 1989 nichts passiert« – eine satirische Anspielung auf Chinas Kampagne, die Erinnerungen an die Demokratiebewegung von 1989 auszulöschen.

Disney+ hatte die seit Jahrzehnten populäre Serie Anfang des Monats auch in Hongkong ins Netz gestellt. Es ist nicht klar, ob der US-Konzern die Episode dabei aus eigener Entscheidung gesperrt hat oder von den Behörden dazu aufgefordert wurde. Weder der Unterhaltungsriese noch die Regierung von Hongkong reagierten auf AFP-Anfragen.

Bis vor Kurzem genoss die Sonderverwaltungszone Hongkong im Vergleich zum chinesischen Festland große künstlerische und politische Freiheiten. Seit den Demokratieprotesten vor zwei Jahren gehen die Behörden jedoch hart gegen Aktivisten, Künstler und Oppositionelle vor. Diesen Sommer erließen sie neue Zensurgesetze, die alle Inhalte verbieten, die gegen das sogenannte Sicherheitsgesetz aus dem vergangenen Jahr verstoßen.

Das sogenannte Sicherheitsgesetz erlaubt den Behörden ein rigoroses Vorgehen gegen alle Aktivitäten, die nach ihrer Auffassung die nationale Sicherheit bedrohen, und greift massiv in die Autonomierechte Hongkongs ein. Dazu gehören etwa Aufrufe zur Unabhängigkeit der Wirtschaftsmetropole.

Auf anderen Streamingplattformen in Hongkong sind nach wie vor Inhalte verfügbar, die sich satirisch mit Chinas umstrittener Menschenrechtspolitik auseinandersetzen. Auf Netflix ist beispielsweise noch eine Folge der US-Zeichentrickserie »South Park« zu sehen, in der eine der Figuren in einem chinesischen Arbeitslager landet. Ein Großteil der Sendung macht sich zudem über die Bereitschaft von US-Unternehmen lustig, sich an die chinesischen Zensurvorschriften zu halten, um ihre Gewinne nicht zu gefährden.

nga/AFP/dpa
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