
Dschungelcamp Tag 7 Dem toten Tier in die Augen geschaut
Keine Furzfrau, nirgends. Doch auch wenn es dem Dschungelcamp in dieser Saison noch an großen, menschlichen Schauprozessen mangelt, bietet es dennoch verlässlich wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn. Gestern zum Beispiel in diesen Disziplinen:
1. Linguistik: Hält man Schwanzlurche, Murmeltiere oder Schwundprominente lange genug in einer kleinen Gruppe in einem abgeschlossenen Biotop isoliert von ihren Artgenossen, werden sie langsam beginnen, eine eigene Sprache zu entwickeln. Wortneuschöpfungen entstehen dabei beispielsweise, wenn Männchen mit verharzten, lange nicht benutzten Stimmzapfen (vergleichbar mit dem heillos verknoteten Miniskusgeflecht bei allzu langem Bankdrücken) plötzlich zu mehreren Sätzen hintereinander genötigt werden: "Sie wird immer zuvertraulicher", knarzte Thomas "Icke" Häßler seine Expertise über die zunehmend unverhuschtere Hanka heraus, vielleicht gelänge es ihr ja auch, "ihre Ängste unterzuverarbeiten".
Diese neuen Wörter klingen quastig, sind aber sehr effektiv: "Ängste unterzuverarbeiten" ist die ökonomische Kurzform für "ihre Trullalla-Ticks zu verarbeiten oder, wenn das nicht klappt, dann wenigstens für die Dauer dieses unerquicklichen Dschungelaufenthalts unter den Teppich zu kehren, damit sie mir damit nicht länger auf die Nerven geht, ey."
Auch die gewohnt distinguierte Vorzeigepominente Sarah Joelle trägt bei ihrer Dschungelprüfung ihr Scherflein zur neuen Sprache bei: "Verkickst" ist demnach "eine Mischung aus verfickt, Scheiße und beschissen". Als neue Grußformel dürfte sich beim Dschungel-Soziolekt die Höflichkeitsfloskel "Hast du abgeführt?" durchsetzen, bevor sich die Kommunikation der Dschungel-Prüfgruppe in einer späteren Phase der Isolation ähnlich wie beim karmesinbäuchigen Stichlingsmännchen allein auf zeichenhaftes Hantieren mit ihren signalroten Camperjacken und gelegentliche Schnauzentriller beschränken wird.
2. Biologie: Fleisch wird aus Tier gemacht. Zu dieser Potzblitz-Erkenntnis kommt Sarah Joelle bei ihrer Dschungelprüfung, die die Begrabbelung von Rinderschädeln und das Durchkraulen gammliger Schlachtabfälle vorsieht. Dekohalber hängen noch ein paar Schweinehälften herum. "Ich habe eine Phobie, wenn die Tiere noch ganz sind", schaudert es der Probandin danach: "Ich liebe Fleisch so sehr. Aber wenn man toten Tieren so in die Augen schaut, ist das wirklich nicht schön."
Auch nicht schön: Mathematik. Oder: Denken generell. Die Rechenaufgabe, die die passionierte Sport1-Sexyclips-Nachturnerin am Ende des Ekelparcours lösen soll, schickt sie in einen Stammelkrampf: "Wieviel Pfund sind Kilogramm?"
3. Psychologie: Eigene nervliche Verdellung schützt nicht davor, mit dem Finger auf die Beulen in der Gemütskarosserie der anderen zu zeigen. Das belegte Pinkelnomadin Hanka, die leider selbst wenig Empathie für fremde Schrullen zeigte: Sie verlachte Kaders Klagen, die Zwiebeln vom Abendessen hätten bei ihr eine schwere Migräne ausgelöst (obwohl das wegen der darin enthaltenen Schwefelverbindungen durchaus passieren kann) und lästerte, bei Sarah Joelle sei garantiert auch nicht alles im Gleichgewicht, so nervlich.
Bei der Erforschung der Zuschauerpsyche ist übrigens noch einiges zu tun: Statt der Passivposten Nicole und Icke flog gestern als erste das zumindest im Feld der Verdauungsphilosophie durchaus rührige Fräulein Menke aus dem Camp.

4. Akustik: Entgegen bislang anderslautender Theorien ist Stille doch messbar. Einheit: ein Mieth.
5. Medizin: Nacktmassage immer helfe. So jedenfalls die Hands-on-Diagnostik von Marc. Gewöhnlich arbeiten Stripper ja nebenberuflich als Bauarbeiter oder Polizist, womöglich kann er post-Dschungel als erster Auszieharzt, Nacktneurologe oder Intiminternist reüssieren?
6. Toxikologie: Drogen sind gefährlich. Hanka bescherte der Genuss von Ecstasy-Dragees in den völlig verrückten Neunzigerjahren nämlich einige unerfreuliche Nebenwirkungen. Namentlich die regelmäßige Bekanntschaft mit drei "Neonigeln" in den Farben rot, gelb und blau, die der Druffirella dann freundlich vom Fußende ihres Bettes zuwinkten. Oder waren die eingebildeten Piekser gar keine Drogentierchen, sondern eine Warnung ihres Unterbewusstseins vor einer möglicherweise stacheligen Zukunft - schließlich trugen sie unmissverständlich die Hausfarben von RTL?
So oder so sind Drogen jedenfalls nicht sehr gesund, enthüllt Hanka: "Ich habe die Hälfte meiner Allgemeinbildung durch den Scheiß verloren." Da hält man als jahrelanger heavy user von teilweise fies mit Fadpulver verschnittenem Dschungelstoff kurz erschrocken inne und schaut schnell mal im Oberstübchen nach, wie es mit dem eigenen Grundwissen aussieht: Die Nase des Nasenaffen wächst bis ins hohe Alter immer weiter, alle in England lebenden Schwäne gehören der Königin, der Hahn auf der Kellogg's-Cornflakes-Verpackung heißt Cornelius, der Text des Grönemeyer-Songs "Currywurst" wurde von Diether Krebs geschrieben. Puh, okay, alles noch da.
7. Trottelologie: Wenn selbstvernarrte Menschen für sich selbst werben müssen, sehen sie dabei selten gut aus. Diese sensationelle, bis jetzt nur thesenartig entwickelte Erkenntnis wurde durch das Posing der Kandidaten vor dem anstehenden Sympathie-Voting der Zuschauer nun endgültig in Stein gemeißelt. Honey feixte sich selbst fast ohnmächtig und beschied dem Kameramann. "Warte, ich mach nochmal DEN BLICK"; Markus verharrte auf allen vieren in Knut-der-Eisbär-Gedächtnispose; und Marc, dem man langsam eine fortgesetzte Howard-Carpendale-fake-Akzent-Masche unterstellen möchte, krakeelte: "I wanna be Dschungelkuuuhnig!". Contenance bewahrte bei allem wie immer nur eine, die unzerstörbare Kader: "Ich darf also heute den Arschkriecher spielen und um Anrufe bitten, ja?"
Es bleibt also spannend, oder zumindest "spannend", im Camp. Welche wissenschaftlichen Durchbrüche werden in den kommenden Tagen noch gelingen? Wird die Evolution bei den Dschungelinsassen weiter voranschreiten? Wann kann sich Kader mit ihren Wimpern zudecken, wie es einem Ameisenbären mit seinem eigenen Schweif schon möglich ist? Wir bleiben dran!