
Unsere Dschungelcamp-Kandidaten: Alice Schwarzer, übernehmen Sie!
Dschungelcamp-Desaster Wir hätten da ein paar Personalvorschläge
Hallo RTL, hier spricht das Camp. Also nicht DAS Camp. Ein anderes Camp, das Camp der Autoren. Die in den vergangenen zwei Wochen nicht auf Dschungelliegen ihre Zeit ablungerten, sondern sich die Nächte im fahlen Licht des Laptops um die Ohren schlugen. Stets in der täglich abnehmenden Hoffnung, dass der Mann Aurelio Savina sich vielleicht doch auf seine Libido besinnt und einen Paarungsversuch startet. Oder dass Walter Freiwalds Biestigkeiten wenigstens einmal nicht an der Apathie einer Angelina Heger abperlen.
Jeden Abend blieb aber nur die Erkenntnis: Sich etwas anzuschauen, das eigentlich schon tot ist, macht keinen Spaß.
Was passieren muss, damit wir 2016 doch noch mal mitdschungeln? Wir hätten da mal ein paar Personalvorschläge. Dann schalten wir auch wieder ein. Aber nur dann.
Faster, harder, Wiese

Auf ins Camp! Alt-Fußballer und Neu-Wrestler Tim Wiese
Foto: Affonso Gavinha/ dpaSubtilität und Dezenz gehören in evangelische Jane-Austen-Häkelkreise, aber nicht ins Dschungelcamp. Fürs Casting der nächsten Staffel kann es darum nur heißen: Faster! Harder! Wiese! Tim Wiese kann beim Betrachter genau diese wohlige Verstörung triggern, die Kunst im Idealfall erzeugt: der pumpigste Pumper, die frittierteste Frisur - endlich mal wieder ein Dschungelcamp-Pritschenhocker, bei dem man das nach dieser Staffel schon spinnwebige Superlativkästchen wieder öffnen darf.
Um sich in die Fußball-Nationalmannschaft zurückzukämpfen, wollte er seinerzeit ackern, "bis mir das Blut aus den Ohren tropft", das klingt vielversprechend. Selbst im politischen Ehrgeiz schlägt er noch den Quasi-Bundespräsidenten Walter: Laut Fragebogen auf Wieses Homepage würde er gerne mal in die Rolle von Barack Obama schlüpfen. Sure!
Wiese nimmt zehn Straußenvögel in den Schwitzkasten, Wiese macht Arschbomben in den Badetümpel, Wiese pumpt sich nach vergeigter Prüfung in Rage zu einer Hulk-Version seiner selbst auf - alles wäre herrlich. Und falls er sich wider Erwarten doch nur aufs shirtlose Liegen-Lungern verlegen solle, hätte man auf ihm sogar noch mehr zu lesen als auf Aurelio. Anja Rützel
Geh halt selbst ins Camp, Spon-Besserwisser!

Wenn nichts mehr geht, muss sie halt ran: Alice Schwarzer
Foto: Paul Zinken/ picture alliance / dpaDie Schraube ist überdreht, das Konzept erschöpft? Dann können nur noch jene helfen, die das schon seit 2004 immer gewusst haben - die Kritiker. Wobei sich jede Kritik im zehnjährigen Säurebad der Uneigentlichkeit längst aufgelöst hat. Geblieben ist eine tendenziell parasitäre Berichterstattung, die ihren so erfolgreichen Gegenstand bestenfalls überbieten will.
Wer aber für Geld über Leute schreibt, die für Geld in den Dschungel wandern, der steht längst selbst mit einem Bein im Camp. Wahrlich, da käme schon ein feines Team zusammen. Die süße Durchblickerin könnte bei einem Glas frisch gepresster Kakerlaken die Tragfähigkeit ihrer Ironie testen und der hinfällige Kulturpessimist so lange mürrisch im "Herz der Finsternis" blättern, bis der Regen die Seiten aufweicht.
Weil die meisten Rezensenten aber ohnehin keiner kennt, sollte ausnahmsweise echte Prominenz ran. Also Leute wie Kai Diekmann, Patricia Riekel, Leo Fischer, Maybrit Illner, Alice Schwarzer oder Stefan Niggemeier. Schade, dass Peter Scholl-Latour nicht mehr unter uns weilt. Hier fehlt er besonders. Arno Frank
Philo-Talk mit Precht und Kardashian

Let's talk about Rep(r)oduzierbarkeit: Kim Kardashian
Foto: Julian Smith/ picture alliance / dpaDie Kandidaten wechseln, der Niveaulimbo bleibt. Damit es nicht mehr vorkommt, dass ein Aurelio Savina die Witze von Walter Freiwald missversteht (was ist ein warmes Bananenbrot? Affenkotze!), brauchen wir jemanden, der alles weiß und alles erklären kann. Also wirklich alles. An dieser Stelle wird dem aufmerksamen Leser schon bewusst sein, auf wen wir abzielen - denn es gibt nur den einen Universalkneipenphilosophen, der seine Handtücher nicht am Ballermann, sondern auf den Talkshow-Sesseln der Republik ausgebreitet hat: Richard David Precht.
Precht ist eh schon verheiratet mit der Chefin von RTL Télé Lëtzebuerg, da liegt eine Vermählung mit dem Privatsender der Herzen mit Arterienverkalkung doch nur zwei Streichungen entfernt. Aber wer nur Hirn hat, kann nicht auf dem harten Dschungelboden sitzen. Deshalb brauchen wir noch Kim Kardashian. Die wollen wir natürlich nicht auf ihren Allerwertesten reduzieren (und damit meinen wir nicht Kanye West). Aber, Entschuldigung, irgendjemand muss ja endlich mal den Dschungel brechen - statt immer nur in den Dschungel zu brechen.
Und wer, wenn nicht die eine aus dem Land des Entertainments, die das Phänomen der grundlosen Prominenz aufs Schönste kultiviert hat? Darüber werden Kardashian und Precht prächtig diskutieren. Weitere Themen für die Pausen zwischen der einen Kakerlake und der nächsten: "Wer bin ich - und wenn ja, sitzt auch mein Kleid?" und "Das Hinterteil im Zeitalter seiner technischen Rep(r)oduzierbarkeit". Jurek Skrobala
Zickenkrieg mit Bushido und Kay One

Auf in den Zickenkrieg: Bushido
Foto: Paul Zinken/ dpaDas war's. Irgendwo, in einem Versace-Hotel in Australien, sitzt jetzt ein trauriger Affe an einer Schreibmaschine und weint. Dschungelcamp 2015: Das war bleierne Routine, mühsam auf Format gebracht. Das letzte Fernsehformat, dem man so schön beim Scheitern zugesehen hat, war politisches Kabarett bei den Öffentlich-Rechtlichen.
Den wahren Grusel fand man dieses Jahr nur in sich selbst, wenn man sich dabei ertappte, nach Psychokrieg und Drama zu schmachten. Doch Kandidaten wie Rebecca Siemoneit-Barum, Benjamin Boyce oder Jörn Schlönvoigt waren erschreckend normal. Camp-Krawalle? Love-Matches? Wahrheiten? Fehlanzeige! Einerseits kein Problem, andererseits spielt man Bierbong ja auch nicht mit Mineralwasser.
Mit dem Casting hat RTL sich verzockt. Ich gebe dem Dschungelabenteuer eine neue Chance und wünsche mir für das nächsten Jahr die "Men at Work"-Rapper Bushido und Kay One für Zickenkrieg, eine klinisch einwandfreie Liebesgeschichte mit Helene Fischer und für spektakuläre Enthüllungen Bestsellerautor Udo Ulfkotte als "Mad Max". Jonas Leppin
Romanze zwischen Walter und Wagner

Altmeister der Ekel-Unterhaltung: Franz Josef Wagner
Foto: Rainer Jensen/ picture-alliance/ dpa"Im Dschungelcamp treten abgehalfterte Promis auf, deren Verstand grenzwertig ist", schrieb Franz Josef Wagner mal in seiner "Bild"-Kolumne. Da will sich wohl jemand empfehlen! Tatsächlich erfüllt der Mann die Einstellungskriterien fürs Camp: Seine geistig dunklen Welterklärungstexte aus Zwei-Wort-Sätzen belegen, dass er den dschungelzuschauerstimulierenden Wechselreigen aus Faszination, Ekel und Unterhaltung aus dem Ärmel schütteln kann.
Am schönsten wäre es, wenn Wagner im Camp 2016 noch mal von Walter Freiwald begleiten werden könnte, dessen brillanter Wahnsinn leider von der Schlichtheit der restlichen Bagage ausgebremst wurde. Die beiden haben so viel gemein, dass es locker für eine Rentner-Romanze am australischen Lagerfeuer taugt: nikotinvergilbte Gesichtskraterlandschaften, das Bedürfnis aus der Zeit gefallener Männer, der Welt auch gegen deren Willen etwas zu sagen, und die damit verbundene eine Abneigung gegen neue Realitäten. Walter ist bekanntermaßen gegen alles, Wagner gegen Homo-Ehe. Es wäre höchst unterhaltsam, wenn zwei mit gnadenloser Selbstüberschätzung ausgestattete Medienfossile in trauter Einigkeit aneinander vorbeibrabbeln.
Lieber Franz Josef Wagner, in deiner Kolumne schriebst du mal: "Diese Idioten im 'Dschungelcamp' sind für mich keine Helden." Und weiter: "Diese ängstlichen Menschen im australischen Dschungel haben Angst vor Fliegen, Schmetterlingen, Spinnen." Wagner, ich will dich Spinnen knabbern sehen. Herzlichst, deine Eva Thöne