Bilanz des TV-Sommers Der Hulk sitzt auf der Fernbedienung - Wegschalten unmöglich
"Love Island" (RTL II)

Kandidaten in "Love Island"
Foto: obs/ RTL IIDieses Format ist eine unverzichtbare Hilfestellung für alle Menschen, die gerne Tierdokus schauen würden, sich aber nicht für Tiere interessieren. Hier können sie aufgepumpte Ochsenfröscheriche und aufgescheuchte Schmuckhühner dabei beobachten, wie sie in der von Menschenhand künstlich verlängerten Balzsaison verwirrt die Contenance verlieren - das geheime Leben der Glattmenschen. Den muränen-mäßigen Knutsch-Close-ups, hektischen Partner-Hamsteraktionen, Schwänzeltänzen und Hirschereien sah man auch dieses Mal wieder gerne drei Wochen lang beinahe täglich zu - voller Selbsthass natürlich, aber Abschalten war so unmöglich, als hätte sich der Hulk selbst auf die Fernbedienung gesetzt.
Urteil: Langstrecken-Trash für geduldige Beobachter - die dritte Staffel im nächsten Jahr ist Pflicht.
"Global Gladiators" (Sat.1)

Kandidat Lucas Cordalis in "Global Gladiators"
Foto: ProSieben/ Richard HübnerKurz dachte man nach dem Ende der diesjährigen "Promi Big Brother"-Staffel, Formate mit weggesperrten, wochenlang in eigener Lake gärenden quasibekannten Menschen hätten sich überholt - weil ihre Geschichten erneut so handwerklich verschludert und bröckelhustenhaft erzählt wurden, dass sie am Ende so unverständlich und erratisch erschienen wie Brett Kavanaughs Berufung an den Supreme Court.
An "Global Gladiators" nervten zwar zunehmend die überaufwändigen Spiele, bei denen ständig irgendwer in die Luft geschossen oder in die Tiefe geschleudert wurde - die kleinen, zarten Momente aber, in denen Sabia Boulahrouz selbstvergessen und komplett textsicher bei Sabrina Setlurs zögerlicher "Du liebst mich nicht"-Einlage mitsang oder Sänger Ben ganz ohne Schauspielerei und Image-Kalkulation Wut und Frust herausließ, kriegten einen dann doch immer wieder. Ob man die Kombattanten dafür allerdings quer durch Asien karren muss, ist zweifelhaft.
Urteil: Auch im nächsten Jahr lohnenswert, wenn man sich für die Actionspielparts eine aufwändige Handarbeit zurechtlegt.
"Curvy Supermodel" (RTL II)

Model, Jury in "Curvy Supermodel"
Foto: RTL II/Silviu GuimanAm Tag, an dem es eine Model-Castingshow schafft, ohne vorgeblich glamouröses, in Wahrheit aber einfach nur billig angeschmiertes Moulin-Rouge-Shooting auszukommen, werden alle Glocken in allen Kirchtürmen gleichzeitig läuten, Wolf und Lamm werden beieinander weiden und Micaela Schäfer einen Rollkragenpullover UND eine echte Hose tragen.
Bis dahin reproduziert das Plus-Size-Casting "Curvy Supermodel" leider alle abgetragenen Klischees aus tausend Staffeln "Germany's next Topmodel", lässt Kandidatinnen generische Quatschsätze wie "Ich freue mich, heute mit Power meine Kurven zu zeigen" aufsagen und überbetont mit jeder laientheaterhaft gespielten Überschwänglichkeit und jedem übertriebenen Lob des normabweichlerischen Körpers, dass er eben doch die begaffenswerte Ausnahme ist. "Sie beweisen einmal mehr, dass curvy sexy ist", war auch in dieser Staffel wieder kehrvershaft zu hören. Und Ex-Bachelor und Jurymitglied Jan Kralitschka wünschte sich dringend zurück in seine Thermounterhosenwerbung.
Urteil: Künstlich aufspektakelte Umsetzung einer im Kern guten Idee - bitte künftig bleiben lassen.

Kandidaten in "Fort Boyard"
Foto: SAT.1/ Willi Weber"Fort Boyard" (Sat.1)
"Es wird spannend, es wird spektakulär. Es wird ein riesengroßes Abenteuer", behauptete Moderator Matthias Killing zu Beginn jeder Folge. Nein, nein und nein.
Urteil: Bitte dringend wieder auf die Altformat-Verklappungsdeponie zurückkarren. Und vielleicht vorher noch klären, wer kleinwüchsige, hektisch herumflitzende Menschen im Jahr 2018 ernsthaft für geeignetes Beömmelungsmaterial hält.

MIcaela Schäfer (r.), Partner in "Das Sommerhaus der Stars"
Foto: RTL"Das Sommerhaus der Stars" (RTL)
Hysterisch, schmerzhaft, so bizarr, wie man es sich selbst am Amarula-Tropf nicht ausdenken könnte, eine betörend schrille Rattenfängermelodie, der man gerne in tiefste, eierfaul stinkende Trash-Sümpfe folgte: Das durch und durch unappetitliche, fesselnd unbeherrschte Portugal-Quartier der bedenklichsten Auch-dabei-Paare verteidigte auch in diesem Jahr mühelos seinen klapprigen Thron des unverzichtbarsten Sommertrash-Formats.
Das Faszinosum, wie hartgesottene Plunder-TV-Charaktere ihre teils jahrelang zementierten, öffentlichen Fassaden je nach Gemüt entweder mit einem kleinen Hämmerchen oder einer Miley-Cyrus-mäßigen Abrissbirne zerdeppern, weil die Anwesenheit des oder der Liebsten unweigerlich den echten, fratzigen Persönlichkeitskern freilegt, ist auch im dritten Jahr ungebrochen.Ein Hoch auf die Liebe! Und jetzt: Kasallamarsch!
Urteil: Es gibt derzeit kein besseres Trash-Format im deutschen Fernsehen. Dschungelcamp, relight my fire!