
SWR-"Tatort" zur Frauenfußball-WM: Stilettos oder Stollen?
Frauenfußball im "Tatort" Die Rundungen müssen ins Eckige
Wie man den Frauenfußball auch für Männer attraktiv macht? Immer dieselbe Masche: Trikots runter, Mieder drauf, dann am besten noch den Torpfosten als Tanzstange benutzen. Die Rundungen müssen ins Eckige, so funktioniert das Geschäft. Oder vielleicht doch nicht?
Es ist nicht bekannt, wie es die Frauen der deutschen WM-Mannschaft finden, dass sich ein paar ihrer Kolleginnen gerade für den "Playboy" nackig gemacht haben, aber im aktuellen "Tatort" aus Ludwigshafen rebellieren die Spielerinnen einer Erstligatruppe gegen die Strip-Extratouren ihrer Mannschaftskameradin. Während die anderen trainieren, räkelt die sich mit Reizwäsche im Tor, der Fotograf jauchzt dazu stimulierend.
Fadime Gülüc heißt die Spielerin im "Tatort", und die ehemalige türkische Nationalspielerin Filiz Koc verkörpert sie mit einigen offenen Verweisen auf Fatmire Bajramaj, reale Stürmerin der aktuellen deutschen WM-Mannschaft.
Kein Wunder, Bajramaj bietet ja auch reichlich dramaturgischen Stoff, als erste bekannte muslimische Fußballspielerin hierzulande genauso wie als Marketingobjekt. Integration, sportliche Grandezza, kommerzieller Druck: Alles ließe sich an der Figur Fadime durchspielen - würde sie nicht gleich am Anfang in der Damendusche erschlagen aufgefunden. Des Mordes an ihr verdächtig ist so gut wie jeder: Weibliche Konkurrenz, männliche Fans, muslimische Fundamentalisten. Hat gar die eigene Familie einen Ehrenmord begangen?
Theo Zwanziger hält eine seiner Reden
Bald jedenfalls erscheint der ganz reale DFB-Präsident Theo Zwanziger, in Fußballfunktionärskreisen für seine Endlosreden gefürchtet, und redet dem Rest der Mannschaft Mut zu. Eingerahmt wird er dabei von Steffi Jones, der Organisationspräsidenten der Frauen-WM, sowie von der Nationalspielerin Celia Okoyino da Mbabi: großer Bahnhof des realen deutschen Fußballkaders für Deutschlands erfolgreichsten Fernsehkrimi. Obwohl: Die Damen sagen eigentlich nichts, die stehen nur rum.
Eine klassische Win-Win-Situation muss man das wohl nennen. Denn Fußball und "Tatort", das ist zumindest quotentechnisch eine erprobte Verbindung. Mag der Rest der großen Medien noch nicht so recht in WM-Stimmung sein, durch den populären Krimi bekommt die Veranstaltung dann doch eine gewisse Aufmerksamkeit.
Es ist ja auch nicht die erste Kontaktanbahnung von DFB-Präsident Zwanziger mit dem "Tatort": Anfang des Jahres lief schon eine Fußballepisode, die er selbst angeregt hat. Da ging es um Homophobie und Hooliganismus in deutschen Stadien, zwei eher schwierige Themen, die vom Hannoveraner "Tatort"-Team aber so unverbindlich verarbeitet wurden, dass noch Platz für ein paar stimmungsvolle Hannover-96-Impressionen war. Resultat: eine Top-Quote von fast 9,5 Millionen Zuschauern.
Jetzt müsste eigentlich nur noch jemand herausfinden, wie er die beiden populären Themen, also den Fernsehmord und den Fußball, inhaltlich plausibel miteinander verknüpft. Denn wie der NDR-Vorgänger fährt auch die SWR-Episode "Im Abseits" (Buch: Jürgen Werner, Regie: Uwe Janson) keine glaubhaften Figuren, keinen glaubhaften Plot auf. Pflichtschuldig wird Kommissarin Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) hier als Frauenfußballkennerin inszeniert, die vor Hochachtung erstarrt, wenn ihre Heldin Steffi Jones im Bild erscheint. Kollege Kopper (Andreas Hoppe) gibt derweil den italienischen Macho, für den Frauen und Fußball nicht zusammengehen, und der dies beeindruckend breitbeinig zum Besten gibt.
Das Tragische an diesem "Tatort": Koppers Haltung wird trotz aller Bemühungen nicht so richtig widerlegt. Integrationsfragen, Sponsorenpolitik, ungerechte Entlohnung und emanzipatorische Aspekte tritt man hier so breit, da bleibt für die sportiven Aspekte der Geschichte kein Platz. Gekickt wird so gut wie gar nicht, dafür aber die ganze Zeit gequatscht.
So sieht es wahrscheinlich aus, wenn sich ein Frauenfußballhasser vorstellt, wie das weibliche Geschlecht den Rasen erobert. Ein Alptraum in Kniestrümpfen.
"Tatort: Im Abseits", Sonntag 20.15 Uhr, ARD