Sitcom im Streaming-Markt "Friends" sollen wieder zusammenkommen

Wie US-Medien berichten, arbeitet WarnerMedia an einem Reunion-Special von "Friends" - der Fernsehhit der späten Neunziger ist plötzlich Teil der Streaming-Schlacht von Netflix, Apple TV+ und HBO Max.
Matt Le Blanc, Matthew Perry, Jennifer Aniston und Courteney Cox in "Friends"

Matt Le Blanc, Matthew Perry, Jennifer Aniston und Courteney Cox in "Friends"

Foto: NBCUniversal/ Getty Images

Es ist ein bisschen so, als ob die mächtigsten Museen der Welt darum streiten, wer sich die Mona Lisa an die Wand hängen darf. Die Serie "Friends", von der zwischen 1994 und 2004 zehn Staffeln gedreht wurden, perfektionierte einst die Grammatik des Sitcom-Genres und erhob das kleine Fernsehformat zur großen Kunstform:

Sechs Menschen kabbelten und liebkosten sich in Kulissen, die wie aus der Insolvenzmasse pleitegegangener Geschenkeläden zusammengerafft wirkten, und in Klamotten, die die modischen Selbstverstümmelungen jener Jahre von Twentysomethings nachahmten. Doch die Pointen von "Friends" scheinen weiter bis in alle Ewigkeit zu leuchten wie das Lächeln der Mona Lisa.

Kein Wunder, dass das Fernsehkunstwerk zum zentralen Objekt beim zur Zeit tobenden Krieg der Streaminganbieter geworden ist. Um das komplette "Friends"-Werk weltweit zeigen zu dürfen, soll Netflix zuletzt horrende Lizenzgebühren gezahlt haben, Quellen sprechen von 80 bis 100 Millionen Dollar für ein Jahr. Doch vor Kurzem hat sich WarnerMedia die Rechte für die US-Auswertung gesichert, 425 Millionen Dollar soll der Konzern für fünf Jahre zahlen.

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"Friends" soll dann zum Abo-Argument der Mega-Plattform HBO Max werden, bei der das zum Kommunikationsgiganten AT&T gehörende Haus WarnerMedia ab 2020 sein umfangreiches Portfolio aus Nachrichten- und Unterhaltungsprogrammen kostenpflichtig bündelt und aufrüstet. TV-Sender wie HBO und TNT gehören genauso zu dem mächtigen Medienkonglomerat wie die Filmstudios Warner Bros. und New Line oder der Nachrichtensender CNN. Der Gesamtumsatz 2018 betrug 189,7 Milliarden Dollar, Netflix setzte im Vergleich nur 15,8 Milliarden Dollar um.

Viele gute Argumente für eine Reunion

Es wird deutlich, wie wichtig eingeführte Marken wie "Friends" bei der Absteckung des Markts für die großen internationalen Fernsehanbieter sind. In Deutschland wird die stilprägende Sitcom, die von Donnerstag an nicht mehr bei Netflix abrufbar ist, vorerst bei Amazon zu sehen sein.

Doch Warner Media und HBO Max - mit 14,99 Dollar pro Monat extrem hochpreisig - haben offensichtlich ambitionierte Pläne mit "Friends": Wie das Branchenmagazin "Hollywood Reporter"  schreibt, wird zurzeit an einem Reunion-Special gearbeitet, bei dem mit Jennifer Aniston, Courteney Cox, Lisa Kudrow, David Schwimmer, Matt LeBlanc und Matthew Perry sämtliche Darsteller von einst mitwirken sollen.

Immer wieder gab es in der Vergangenheit Anzeichen dafür, dass es zu einer Wiedervereinigung der Ex-Twens kommen könnte. Erst im September hatte Darstellerin Cox über soziale Medien vielsagende Bilder verbreitet, im Anschluss hatte das zu WarnerMedia gehörende Fernsehstudio Warner Bros. TV das 25-jährige Jubiläum der Serie unter anderem mit einer Pop-up-Ausstellung gefeiert, in der Ausstellungsstücke des "Friends"-Interieurs gezeigt wurden. Dass es Warner Media und HBO Max ernst meinen mit der Neuauflage, sieht man auch daran, dass die Serienschöpfer David Crane and Marta Kauffman bei dem Projekt dabei sein sollen.

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Das Schauspieler-Sextett selbst dürfte sowieso nichts gegen ein kleines Reboot einzuwenden haben. An alte "Friends"-Erfolge konnte kaum einer der sechs Darsteller anknüpfen. Obwohl sie zum Teil angenehm selbstironisch mit ihrem Status als Has-Beens umgingen: Joey-Darsteller LeBlanc verkörperte mit gewohnt liebenswerter Wurschtigkeit in der Comedyserie "Episodes" einen Ex-Fernsehstar. Noch selbstreferenzieller ging Phoebe-Darstellerin Lisa Kudrow mit ihrer Comedyserie "The Comeback" an den Start, wo sie eine einstige Sitcom-Prinzessin auf der Suche nach neuen Rollen und neuem Selbstbewusstsein spielte - leider ebenfalls nur zwei Staffeln lang.

Dauerhaften Starruhm erlangte eigentlich nur Rachel-Darstellerin Jennifer Aniston, die nun zu einer gewichtigen Figur im Kampf um die Hoheit auf dem Streaming-Markt geworden ist. Netflix hat sein Programm vollgestellt mit eigenen und eingekauften Aniston-Komödien; offenbar verlangt das vom Streaminganbieter algorithmisch vermessene Publikumsherz danach.

Und weil der jetzt Fahrt aufnehmende Verdrängungswettbewerb unter den großen Plattformen auch nach dem Prinzip "Mehr vom Gleichen" geführt wird, zieht auch Apple TV+ zur Markteinführung mit einer Aniston-Produktion in die Schlacht: In der Serie "The Morning Show" spielt sie eine Anchor-Lady, die damit umgehen muss, dass ihr langjähriger Kollege mit Vergewaltigungsvorwürfen konfrontiert wird.

Die ambitionierte Serie ist zugleich ein Offenbarungseid für Apple (wer soll dafür zahlen?) und für Aniston (die sich am Thema verhebt): Wenn sich die Schauspielerin in ihrer Rolle über ihren ruchlosen Kollegen aufregt, dann flucht, stöhnt und zappelt sie wie einst Rachel, wenn die in eine ihrer vielen Date-Verwicklungen verstrickt war. Drollig, aber vor dem #MeToo-Hintergrund völlig unangemessen. Einmal Rachel, immer Rachel? Die Apple-Vollkatastrophe "Morning Show" ist ein weiteres von vielen guten Argumenten, weshalb es eine "Friends"-Wiedervereinigung geben sollte.

Korrektur: In einer vorherigen Version dieses Artikels hieß es, dass Matt LeBlancs Sitcom "Episodes" zwei Staffeln lang lief, in Wirklichkeit gab es fünf Staffeln. Wir haben den Fehler korrigiert.

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