Gestorben Gerd Ruge, 93

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Wo manche seiner Korrespondentenkollegen sich als große Welterklärer inszenierten, versuchte Gerd Ruge, dem deutschen Fernsehpublikum vom Alltag in fernen Ländern zu erzählen. »Und, wie ist das Leben?«, fragte er seine Interviewpartner gern. Um jene zu unterstützen, bei denen es schlecht war, gründete er 1961 die deutsche Sektion von Amnesty International mit. Der 1928 in Hamburg geborene Sohn eines Arztes konnte nach dem Krieg als junger Mann beim Rundfunk Fuß fassen. Schon 1950 berichtete er für den NWDR aus Jugoslawien, 1956 wurde er ARD-Korrespondent in Moskau.
Er war der Mann des deutschen Fernsehens in den USA, als diese 1968 durch die Morde an Martin Luther King und Robert Kennedy erschüttert wurden. Schreibtischjobs, selbst hochrangige, machte der Reporter nie lange; um aus China zu berichten, wechselte er in den Siebzigern vorübergehend zur »Welt«. Natürlich hatte Ruge großen außenpolitischen Sachverstand, den er aber in verständliche Geschichten zu fassen wusste – besonders fesselnd 1991, als es um den Putschversuch gegen Gorbatschow ging, den er in seiner letzten ARD-Korrespondentenstation in Moskau beobachtete. Ruheständler nur auf dem Papier, bereiste er die Weiten der untergegangenen Sowjetunion oder China für Reportagen, die im Fernsehen und in Buchform ein großes Publikum fanden. Zu seinen bleibenden journalistischen Errungenschaften zählt der »Weltspiegel«: Gemeinsam mit Klaus Bölling initiierte er 1963 die Institution in der ARD, die gerade wieder eine Programmreform überstanden hat. Gerd Ruge starb am 15. Oktober in München.