Fotostrecke

Neunte Topmodel-Staffel: Kaiserslautern ist Meister

Foto: Alexander Koerner/ Getty Images

"Topmodel"-Finale Stefanie und die allwissende Tüllhalde

Kleider, die den Unterleib bedecken? Come on, würde Juror Thomas Hayo sagen. Gut durchlüftet gewinnt die grundsympathische Stefanie das Finale von "Germany's Next Topmodel". Die wahre Überraschung: Heidi Klum verzehrt keine Schweinshaxe.

Die richtige Siegerin? Zumindest die offensiv sympathischste. Allerdings beeindruckte Stefanie in der vergangenen Staffel eher mit ihrer Lebensgeschichte - sie leidet an einer unheilbaren Krankheit, bei der sich ihre Organe lebensgefährlich verdrehen können - als mit überbordender Modelhaftigkeit. Im Gegensatz zu Finalistin Jolina, die reichlich Jobs einheimste, doch mit schläfrig beiger Persönlichkeit nur auf den zweiten Platz kam. Drittplatzierte wurde Ivana, die Augenlider wie stets apart auf Halbmast. Eine echte Entwicklungsgeschichte, klassischer Topmodel-Topos, machen in dieser Staffel allerdings nur die immer Frida-Kahlo-hafter wuchernden Augenbrauen der ausgeschiedenen Kandidatin Nathalie durch.

Der wahre Gewinner? Ganz klar Jurymitglied Wolfgang Joop, der sich vom vermuteten Designwaran zum hochvernünftigen, aufrichtig sympathischen, mitfühlenden Knutsch-Onkel entpuppte. Im Finale präsentierte er sich herrlich unberechenbar als allwissende Tüllhalde und gab erratische Kalendersprüche zum besten: "Es sind so viele hier, dass es beinahe so ist, als wäre man allein", melancholierte er angesichts der vollbesetzten Kölner Lanxess-Arena, erfand neue Redewendungen ("Mit den Flügeln nach der Ente schmeißen") und versetzte Heidi Klum und Mitjuror Hayo mit kühnen Gedankensprüngen fernab der gescripteten Dialoge in Angst und Schrecken.

Joop: "Aufwischen, aufwischen!"

Klum: "Was aufwischen?"

Joop: "Aufwischen, da vorne."

Klum: "Das Haarspray?"

Joop: Irres Gelächter

Wie waren die Kleider? Kamen im eigentlichen Sinn nicht vor, denn das Konzept Kleid sieht sowohl bedeckten Unterleib als auch teiltextile Beinverhüllung vor. Ivana, Stefanie und Jolena brachten den Großteil des Abends in wechselnden Bodys mit Klimbim auf dem Kopf oder Anschnallnippes zu. Die Gefahr der Untenrumverkühlung wurde auch von applizierten Tüllschleiern nicht gemindert, der Unterleibszentrismus indes noch verstärkt, weil Joop von der geöffneten "Büchse der Ivana" schwadronierte - und durch die sonderbar vulvaförmige Bühne. Vielleicht war's aber auch nur ein Raumschiff-Enterprise-Abzeichen.

Gruseligster Regieeinfall: Die finster guckenden Kinder-Doppelgängerinnen der Finalistinnen, mit denen diese kurz posierten, bevor die Kleinen dann ins gleißende Licht davonwanderten - feinstes Horrorfilm-Material.

Peinlichster Moment: Ein Patt. Und zwar zwischen dem grunddummen Product Placement, bei dem die ausgeschiedenen Kandidatinnen die laufende Show mit lautstarker Musik stören, weil die frechen Dinger backstage eine Party feiern und dazu ganz verrückt den neuen GNTM-Sampler aufgelegt haben: "Haben wir in der Villa auch immer gehört, da kann man super drauf abdancen!" Zweiter Pein-Moment: Joop lobt Ivanas selbstdesigntes Outfit, denn sie wisse "als schlaues Mädchen, dass man bei einem Kleid - einem schönen Kleid - nur ein Körperteil enthüllt und nicht alles". Entweder Beine oder Arme oder Busen oder Schulter, litaneite Joop, "immer nur eins". Neben ihm, konsterniert: Heidi Klum, schulterfrei, großzügig ausgeschnitten, kürzestberockt.

Was fehlte: Immer wieder hatte Heidi Klum in dieser Staffel demonstrativ gegessen, um vermeintliche Vorurteile gegen das Modelwesen zu entkräften. So penetrant, dass man für das Finale mindestens die Live-Verspacheltung einer komplexen Schlachtplatte erwartete, die leider ausblieb. Handlungsstrang-Vorschläge für die nächste Staffel: Eine Lönneberga-Szene, wenn der Klum-Kopf beim Schmalztopfausschlecken in der Schüssel steckenbleibt. Dazu die Umbenennung von Thomas Hayo in Pommes Mayo.

Logikrätsel des Abends: Warum muss Siegerin Steffi in der an die Finalshow anschließenden Sendung "Red" gegen 23 Uhr schnell von der Bühne, weil sie erst 17 Jahre alt ist - aber eine halbe Stunde zuvor ist es völlig ok, bei einer Umkleideszene hinter der Bühne auf die blanken, nur mit Nippelabklebern versehenen Brüste der ebenfalls 17-jährigen Jolina zu halten? Jugendschutz? Come on.

Zur Autorin

Anja Rützel, Jahrgang 1973, taucht für den SPIEGEL unter anderem im Trash-TV-Sumpf nach kulturellem Katzengold. In ihrer Magisterarbeit erklärte sie, warum »Buffy the Vampire Slayer« eine sehr ausführliche Verfilmung der aristotelischen Argumentationstheorie ist. Sie glaubt: »Everything bad is good for you« – und dass auch »Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!« tieferen Erkenntnisgewinn liefern kann. Ihr Buch über ihre Liebe zu Take That erschien als Teil der Musikbibliothek bei Kiepenheuer und Witsch.

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren