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"Hart aber fair" zu Sicherheit und Zuwanderung: Der Bürgercheck zur Wahl

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"Hart aber fair" zur Wahl Im Brummton bürgerlicher Gemütlichkeit gegen die AfD

Frank Plasberg ließ über Sicherheit und Zuwanderung diskutieren. Es ging um den Zynismus im Kleingedruckten der AfD. Und Cem Özdemir verwandelte sich bei einer Frage in einen Pudding.

Gut, machen wir zur Wahl einen "Bürgercheck", was immer das ein soll. In Gottes Namen, dann reden wir halt ausnahmsweise mal über die Frage, "was sich ändern muss bei Sicherheit und Zuwanderung" in Deutschland. Aufs Geratewohl geraten: Mehr Sicherheit, weniger Zuwanderung? Ist es das? Das ist es, mehr oder weniger.

Eingangs fragt Moderator Frank Plasberg die Positionen zum Familiennachzug ab. Alice Weidel (AfD) rechnet vor, man müsse pro Person "von vier bis fünf Menschen" ausgehen. Das seien dann summa summarum bis zu zwei Millionen. Seitlich grummelt der Grüne Cem Özdemir rein: "Völliger Blödsinn." Es gehe nur um den Kern der Familie, führt er aus, Frau, Mann, Eltern oder Kinder - nicht die komplette Sippe.

Joachim Herrmann (CSU) pflichtet zähneknirschend bei, im vergangenen Jahr seien "3000 nach Bayern gekommen". Die Erfahrungen bisher zeigten, im Schnitt von 20 Jahren, "dass eine Person pro Kopf kommt". Faktenchecker Plasberg kann das bestätigen, auch Nikolaus Blome von der "Bild"-Zeitung.

Omid Saleh, Student, ist vor 22 Jahren in Deutschland geboren und iranischer Abstammung. Er wird "vor seinem Hintergrund" befragt und meint auch, ein Nachzug der "Kernfamilie" helfe den Hierseienden beim Einfinden in deutsche Verhältnisse. Plasberg gibt die Frage an Weidel weiter, ob ein "stützender Familienverbund" der Integration nicht zuträglich wäre.

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Weidel will eine ganz andere Frage stellen: "Die Frage ist ja zu stellen, wer sich als Syrer ausgibt …", aber Plasberg beharrt: "Ach, lassen Sie mich doch die Frage stellen!" Allein, es bringt nichts. Weidel weicht aus und redet über gültige Papiere, bei deren Vorliegen ihre Partei ganz konziliant wäre. Blome nennt das "den Zynismus im Kleingedruckten" der AfD: "Jemand läuft vor einem folternden Regime davon, und Sie sagen: Bring bitte deinen Pass mit!"

Einig ist sich die komplette Runde, dass sich, wer hier ist, um Integration bemühen und Deutsch lernen müsse. Es sei sogar, wie Herrmann sagt, "auch für diejenigen, die wieder gehen müssen, kein Schaden, wenn's a bissl Deutsch g'lernt haben inzwischen". Blome möchte noch von Weidel wissen, ob sie Kindern von Menschen mit ungeklärtem Aufenthaltsstatus den Besuch deutscher Schulen erlauben würde. Weidel will das sehr gerne, selbstverständlich, stehe alles so im Programm: "Das sollten Sie mal ganz lesen. Und verstehen."

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"Hart aber fair" zu Sicherheit und Zuwanderung: Der Bürgercheck zur Wahl

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Özdemir verwandelt sich in einen Pudding

Höher her geht es naturgemäß bei der Frage nach der Rechtmäßigkeit der Abschiebung verurteilter Straftäter. Omid Saleh hält eine Abschiebung von Kriminellen auch deshalb für geboten, weil ihre Taten auf unbescholtene Einwanderer der zweiten Generation wie ihn abfärbten. Kopfschüttelnd erinnert sich der junge Mann daran, wie er an einer Bushaltestelle im Münchener Arabellapark von einem Fremden gefragt worden sei, welcher Terrororganisation er angehöre.

Das sei zwar "gaga", räumt Plasberg ein, aber vielleicht, ganz vielleicht auch nicht vollkommen unverständlich. Blome erkundigt sich, ob er gerade richtig gehört habe, aber Plasberg bleibt bei seinem Verständnis für eine Haltung, von der augenscheinlichen Pigmentierung eines Menschen auf dessen Gewaltpotenzial zu schließen: "Wenn ich da an meine Mutter denke…."

Özdemir verwandelt sich in einen Pudding bei der Frage, ob die jüngste Abschiebung von acht Gewalttätern nach Afghanistan angemessen oder rechtens war. Er mag sich halt nicht festnageln lassen und gibt beharrlich zu Bedenken, man könne gegebenenfalls auch "später" abschieben, wenn gerade keine Bomben explodieren. Weshalb die Grünen lange nicht einmal Staaten im westlichen Balkan zu "sicheren Herkunftsländern" erklären wollten, will er nicht erklären. Özdemir steht hier an einer offenen Flanke seiner Partei. Es zieht.

Weidel bleibt Antworten schuldig

Die CSU wirkt immer dann, wenn die AfD im Raum ist, wie ein gemütlicher Stubenofen der Mitmenschlichkeit, denn "eins darf man bitt'schön mal darstellen", oder: "Das ist jetzt alles ganz interessant, aber", beziehungsweise "Klar ist aber trotzdem, Entschuldigung noch mal…". Direkte Angriffe von Weidel kommentiert Herrmann maximal mit einem phlegmatischen: "Ja… ja und genau."

Kann man machen. Man kann aber auch, wie Omid Saleh, direkt von Weidel wissen wollen: "Was tun Sie, dass Menschen wie ich sich nicht ausgegrenzt fühlen?" Auch hier bleibt sie eine Antwort schuldig, nicht aber eine feine Volte: "Ich fürchte mich auch persönlich vor der Spaltung der Gesellschaft", sagt sie treuherzig und erklärt im nächsten Schritt den jungen Mann zum "Opfer einer verkorksten Politik" der vergangenen Jahre.

Im dritten Schritt schließlich beklagt Weidel bereits elegant "eine Geschwindigkeitszunahme der Gewaltspirale überall in Deutschland, die durch die Decke geht! Das spüren die Bürger! Die haben Angst". Was Plasberg prompt mit Zahlen belegt, die tatsächlich auf eine signifikante Steigerung von Gewaltdelikten von Flüchtlingen hinweisen - wenn auch zu 45 Prozent unter Flüchtlingen.

Und? Wie war's?

Wieder ist es Herrmann, der im Brummton bürgerlicher Gemütlichkeit das Schrille aus der Debatte nimmt, und zwar mit dem schlichten Hinweis: "In Bayern haben wir rückläufige Zahlen", was jetzt sogar Plasberg amüsiert: "Können wir mal pauschal sagen, dass Bayern einfach ein Spitz-en-bundesland ist?"

Am Ende möchte der Moderator von den Beteiligten allen Ernstes wissen, wie wichtig diese Sendung nun gewesen sei: "Wie groß schätzen Sie den Einfluss des Themas, das wir heute besprochen haben, auf die Wahlen?"

Man kann es sich denken, mehr oder weniger.

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