Plasberg-Talk zum Tierwohl Unreparierbares Hunde-Kauseil

"Ich gönne ihnen Ihre Möpse": Warum bezeichnen Menschen sich selbst als tierlieb, obwohl sie nur manche Tiere streicheln und andere aufessen? Bei "Hart aber fair" mit Frank Plasberg (r.) wurde darüber diskutiert.
Foto: WDR/ Dirk BormManchmal braucht man nur ausreichend Möpse, um eine Situation ins loriothafte kippen zu lassen. Ausführlich (und für jeden Hundemenschen plausibel) hatte man gerade gehört, welche Qualitäten den verstorbenen Mops Sir Henry über jeden Menschenmann erhoben, da wurde aus "Hart aber fair" kurz mal eben ein bizarr-humoristisches Dramolett zum Mitstenografieren: "Hunde sind Nasenmenschen", sagt der Tierpathologe versehentlich, aber sehr ernsthaft, und hantiert mit einem Tierschädel.
"Leckerli fürs Hündchen, Bolzenschuss fürs Kälbchen - Mensch, wie geht das zusammen?", heißt die heutige Sendung, und die Beantwortung dieser Frage gleicht leider von Anfang an einem unreparierbar aufgedröselten Hunde-Kauseil.
Der Hundetrainer nimmt einen beherzten Schluck aus einer Flasche mit ausgewiesenem "Katzenwasser". Der Landwirt sagt zur Feinkostwitwe: "Ich gönne ihnen Ihre Möpse", und der Moderator geht derweil umher und besprüht seine Gäste mit Hundeparfüm.
Dann drängt eine Frau aus dem Publikum auf die Bühne: Sie wolle darauf aufmerksam machen, dass die Bundesregierung, namentlich der Bundesnachrichtendienst, "im Internet gegen Feminismus vorgeht". Martin Rütter, der Hundetrainer, verfällt in halb hysterisches, halb verzweifeltes Gelächter und bescheidet der Frau, ihr Verhalten sei respektlos.
Mit dem Thema der Sendung habe das gerade tatsächlich nichts zu tun, räumt die ein, aber: "Antifeminismus ist schlimmer als Tierquälerei", und eigentlich klingt das auch nicht viel absurder als der durchschnittliche "Hart aber fair"-Diskussionstitel.
Welche Art ist beschmusbar?
Dabei wäre es so interessant und lohnend gewesen, tatsächlich einfach nur exakt diese übergreifende, grundsätzliche Paradoxie zu diskutieren: Warum bezeichnen Menschen sich selbst als tierlieb, obwohl sie nur manche Tiere streicheln und andere aufessen? Was macht manche Arten beschmusbar, und andere nur lecker? Mit welchen moralischen Katzenklappen entschlüpfen Menschen dieser eigentlich doch sehr willkürlichen und grausamen Einteilung?
Martin Rütter erzählt kurz, er habe früher Fleisch gegessen "wie jeder andere", sei aber jetzt Vegetarier, weil alles andere nicht mehr "in seine Weltsicht" passe, und man wünscht sich von Frank Plasberg vergeblich eine Nachfrage, was sich denn in seinem Blick auf die Welt geändert habe.
Stattdessen zeigt er vegane Hundetrüffel, das schon erwähnte Hundeparfüm und ein Hochzeitskleid in Hätschelhundgröße, um ausgebefrohe Tierliebe gleich mal ins Plemplemmige zu pathologisieren. Rütter rückt zurecht, dass die beständig steigenden Geldaufwendungen, die Menschen in ihre Haustiere investieren, sinnvollerweise aber auch in qualitativ hochwertigeres Futter fließen statt nur in derartig sentimentalen Ramsch, und versucht - da noch in der Hoffnung, sich hier tatsächlich etwas Grundsätzlichem nähern zu können - einen Bogen zu den sogenannten Nutztieren zu schlagen, deren Lebensbedingungen man bei aller Freude am Hundehätscheln nicht aus den Augen verlieren dürfe.
"Ein Tier hat nichts in meiner Familie zu suchen"
Zu deren Schicksal darf man sich nämlich keine Illusion machen, wenn man Kees de Vries zuhört, Landwirt und CDU-Abgeordneter, dessen tierbezogene Empathie nicht ausreicht, um seinen Hund mit im Haus wohnen zu lassen, und der mit grobem Stolz erklärt: "Ein Tier hat nichts in meiner Familie zu suchen. Sie besteht aus Menschen."
Für Hundetrainer Rütter ist das "Tierhaltung wie von Anno Posemuckel", denn der Hund sei ein hochsoziales Wesen, das darunter leide, immer wieder von der Gruppe ausgeschlossen zu werden. De Vries beharrte, sein Hund könne sich ja mit den tausend Rindern auf seinem Hof befassen, und spätestens da muss man alle Hoffnungen fahren lassen, diese Diskussion könnte tatsächlich eine konstruktive oder erhellende Richtung nehmen.
In weiten Teilen geht es dann nämlich um eine Thema, dessen Diskussionsbedarf überschaubar ist, weil sich hier doch alle einig sein sollten: Qualzuchten bei Haustieren, die Hunde blind macht, um eine bestimmte Fellfarbe zu erzeugen, oder zu vermeintlich putzigen Schwerstschnaufern zu degradieren, findet natürlich niemand gut.
"Kurz vor der Detonation"
Mops-Halterin Uschi Ackermann, die Witwe von Gerd Käfer, des "großen Feinkostmenschen", wie Plasberg sagt, erzählt vom toten Sir Henry, dessen Urne aktuell in München in einer Ausstellung im Bayrischen Nationalmuseum zu sehen ist. Und der zu Lebzeiten seiner "kulinarischen Verwöhnung" wegen "kurz vor der Detonation" stand, wie Rütter erklärt.
Tierpathologe Achim Grube erzählt Gruseliges aus seiner Praxis, von extrem kurznasigen Hunden, denen bei einem unglücklichen Sprung vom Sofa durchaus auch mal ein Auge herausfallen könnte, und wünscht sich ein Ende des ungesunden Rasseverständnisses - lieber einfach mal andere, rassenfremde Hunde einkreuzen, wenn es der Gesundheit der Tiere dient.
Svenja Furken, Tierschützerin vom Verein "Provieh", der sich für artgerechte Haltung eingesetzt, versucht noch einmal den Bogen zu den Tieren im Stall, denn auch sie seien natürlich Qualzuchten ausgesetzt: Hähnchen seien nicht länger lebensfähig, als ihre Mastzeit dauere, Hochleistungs-Milchkühe längst wandelnde Euter.
Er sei gern bereit, "unsere Tiere noch mehr zu verwöhnen", sagt Landwirt Kees de Vries, was man angesichts der Bedingungen in der Massentierhaltung kaum zynischer formulieren könnte - nur bezahlt müsse das werden. So versandet die Runde sanft in der Auflistung von Symptomen, ohne sie zu verknüpfen. Am Ende ist man sich zumindest fast einig, dass man, wenn man als Tier wiedergeboren würde, am liebsten der eigene Hund wäre - oder ein Ziegenbock aus der Herde von Svenja Furken.