Kika-Affäre
Ex-Herstellungsleiter wegen Millionenbetrugs angeklagt
61 Scheinrechnungen in Höhe von über 4,6 Millionen Euro soll der ehemalige Herstellungsleiter des öffentlich-rechtlichen Kinderkanals zur Bezahlung angewiesen haben. Nun hat die Staatsanwaltschaft Erfurt Anklage erhoben in einem Fall, in dem die internen Kontrollmechanismen offenbar versagt haben.
Erfurt/Hamburg - In der
millionenschweren Betrugsaffäre beim ARD/ZDF-Kinderkanal (Kika) hat die Staatsanwaltschaft Erfurt den ehemaligen Herstellungsleiter Marco K. angeklagt. Die Ermittler werfen ihm laut einer Mitteilung vom Montag Bestechlichkeit und Untreue in 48 besonders schweren Fällen vor. Er soll zwischen November 2005 und September 2010 mit 61 Scheinrechnungen der inzwischen insolventen Berliner Produktionsfirma Koppfilm mehr als 4,6 Millionen Euro abgezweigt haben. Von der Firma, die keinerlei Leistung erbrachte, habe er dafür im Schnitt 57,5 Prozent der Summe für sich zurückerhalten. Ein Verhandlungstermin stehe noch nicht fest.
Marco K. sitzt seit Anfang Dezember in Untersuchungshaft, derzeit in der Justizvollzugsanstalt Suhl. Fabian B., der Geschäftsführer der Berliner Produktionsfirma, die die Rechnungen ausgestellt hatte, hat sich selbst angezeigt. Das Verfahren gegen B. sei abgetrennt worden.
Auf Antrag der Staatsanwaltschaft sei gegen den Beschuldigten Marco K. wegen Betrugs in 29 weiteren Fällen ein zweiter Haftbefehl erlassen worden. Dabei gehe es um Schmiergeldzahlungen und Sachleistungen in Höhe von knapp 200.000 Euro, hieß es weiter. Insgesamt werde derzeit gegen elf Personen ermittelt.
Der MDR hatte den Schaden durch die Betrugsfälle mit 8,2 Millionen Euro beziffert. In einem internen Prüfbericht war von erheblichen internen Schwächen die Rede, die den Kika-Betrugsskandal begünstigt hätten. In der Folge hatte MDR-Verwaltungsdirektor Holger Tanhäuser seinen Posten geräumt, eigenes Verschulden aber zurückgewiesen. Darüber hinaus hatte MDR-Intendant Udo Reiter weitere personelle und strukturelle Veränderungen angekündigt.
Nach SPIEGEL-Informationen warnte das ZDF bereits 2008 eindringlich vor den Zuständen beim Kika, einer Gemeinschaftseinrichtung von ARD und ZDF unter Federführung des MDR mit Sitz in Erfurt: "Wir haben denen gesagt, dass sie mühelos zu betrügen sind", sagte ein ZDF-Mann dem SPIEGEL. In der Kritik steht unter anderem der frühere Kika-Programmgeschäftsführer Frank Beckmann, heute Fernsehdirektor beim NDR.