Der ehemalige Herstellungsleiter des öffentlich-rechtlichen Kinderkanals hat den Millionenbetrug an dem Sender gestanden. Er verlas zu Prozessbeginn eine Erklärung, in der er von seiner Spielsucht berichtete. Auch das veruntreute Geld habe er verzockt - aus Frust wegen des Arbeitsklimas beim Kika.
Ex-Kika-Herstellungsleiter Marco K. (Mitte) im Erfurter Landgericht: "Ich bedaure zutiefst."
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Erfurt/Hamburg - Der ehemalige Herstellungsleiter des öffentlich-rechtlichen Kinderkanals Kika, Marco K., hat die gegen ihn erhobenen Betrugsvorwürfe eingeräumt. Diese seien "vollumfänglich zutreffend", sagte er am Montag zum Prozessauftakt in Erfurt. Allerdings könne er sich nicht mehr an jeden einzelnen der
von der Staatsanwaltschaft aufgeführten 48 Fälle erinnern. Er begründete sein Verhalten mit seiner Spielsucht, mit der er beruflichen Frust ausgeglichen habe.
Der 43-Jährige verlas ein rund halbstündiges Geständnis. Darin gab er an, dass er sein gesamtes Vermögen an Automaten verspielt habe. Auch das durch Scheinrechnungen veruntreute Geld habe er im Casino wieder verloren. Seine Sucht erklärte der ehemalige Herstellungsleiter unter anderem mit der Arbeit beim Kinderkanal. Das Klima sei rau, der Umgang brutal gewesen. Zudem hätten praxisferne Vorschriften des federführenden MDR die Arbeit erschwert. Er habe sich überfordert gefühlt, den Betrieb fast im Alleingang aufzubauen.
Am Ende der Erklärung sagte er, dass er sein "Handeln zutiefst bedauere". Er habe allein keinen Ausweg aus seiner Spielsucht gesehen. Zugleich entschuldigte er sich bei Kollegen und Freunden.
Seit Montag wird vor dem Erfurter Landgericht gegen Marco K. verhandelt. Die Staatsanwaltschaft wirft dem ehemaligen Herstellungsleiter Bestechlichkeit und Untreue in 48 besonders schweren Fällen vor. Er soll von 2005 bis 2010 61 Rechnungen in Höhe von mehr als 4,6 Millionen Euro zur Bezahlung an eine Berliner Produktionsfirma angewiesen haben, ohne dass dafür Gegenleistungen erbracht worden seien. Von der Summe soll er im Schnitt mehr als die Hälfte zurückerhalten haben.
Der MDR mit Sitz in Leipzig hatte den Schaden durch die Betrugsfälle mit 8,2 Millionen Euro beziffert. In einem internen Prüfbericht wurden erhebliche Mängel bei der hauseigenen Kontrolle kritisiert. Diese hätten den
Kika-Betrugsskandal begünstigt. In der Folge hatte MDR-Verwaltungsdirektor Holger Tanhäuser seinen Posten geräumt, eigenes Verschulden aber zurückgewiesen. Darüber hinaus hatte der scheidende MDR-Intendant Udo Reiter weitere personelle und strukturelle Veränderungen angekündigt. Reiter sagte in einem SPIEGEL-Interview, er
habe seine Rücktrittsankündigung wegen der Kika-Affäre verschoben.
Der Kinderkanal ist ein Gemeinschaftssender von ARD und ZDF und hat seinen Sitz in Erfurt. Er wird aus Rundfunkgebühren finanziert. Das Gericht hat für den Prozess vorerst vier Verhandlungstage angesetzt.