Aus mit Markus Lanz Wette verloren

Moderator Lanz am Samtagsabend: Das ZDF hat nicht gut aufgepasst auf seine Sendung
Foto: Marius Becker/ picture alliance / dpaEs mag schwer vorstellbar sein, aber in Deutschland werden Kinder bald ohne "Wetten, dass..?" aufwachsen. Noch ist nicht klar, wie sich dieses Defizit auf ihre Sozialisation auswirken wird. Und ob neuartige Shows wie "Schlag den Raab" oder "The Voice of Germany" die kulturelle Lücke füllen können.
Sollten die Kinder fragen, warum es eigentlich dieses "Wetten, dass..?" nicht mehr gibt, von dem immer noch so viele ältere Menschen reden, werden die Eltern ihnen antworten, dass das ZDF leider nicht gut genug darauf aufgepasst hat. Wie bei einem alten Auto, das von seinen wechselnden Fahrern über die Jahre so beschädigt wurde, dass es beim besten Willen nicht mehr durch den TÜV kommt.
Der Show-Bus ruckelte und holperte zwar schon, als ihn noch Thomas Gottschalk fuhr. Der hatte lange Zeit Vollgas gegeben, mit lauter Musik und offenem Fenster, saß am Ende jedoch so unkonzentriert hinterm Steuer wie ein Opa mit Hut. So richtig soff der Motor aber erst bei Markus Lanz ab, der von vornherein nie wusste, welchen Gang er einlegen muss, um geschmeidig durch den Abend zu cruisen.
Auch sein Team war nicht in der Lage, ihm zu helfen. Dass das ZDF "Wetten, dass..?" so schlecht gepflegt hat, ist umso weniger zu verstehen, als die ARD gerade versucht, Show-Oldtimer aus dem Fernsehmuseum wieder in Fahrt zu bringen. Mit "Einer wird gewinnen" gelang das nicht so recht, mit der Neuauflage von "Dalli Dalli" schon. Wäre es nicht einfacher, einen Oldtimer auf Kurs zu halten, solange er noch halbwegs fahrtüchtig ist?

"Wetten, dass..?": Aus, Ende, vorbei
Das, was man schaut, weil's alle schauen
Aus einer Sendung ist nicht zwangsläufig die Luft raus, nur weil sie wie "Wetten, dass..?" schon seit 33 Jahren läuft. Das beste Beispiel für Markenpflege ist der noch gut zehn Jahre ältere "Tatort" im Ersten. Der steht zwar langfristig in der Gefahr, zu Tode eventisiert zu werden, mit immer neuen Kommissaren, die immer seltener ermitteln wollen. Gerade aber stellen die Teams alle paar Wochen ihre persönliche Zuschauerrekorde auf. Der Sonntag ist der neue Samstag. Und der "Tatort" das neue "Wetten, das..?". Das, was man schaut, weil's alle schauen.
Als Markus Lanz mit "Wetten, dass..?" begann, waren die wesentlichen Neuerungen: ein umherfahrendes Sofa und Einspielfilme, in denen die Kandidaten vorgestellt wurden. In der sogenannten Lanz-Challenge traten Saalkandidaten im Liegestütz oder Limbotanz gegen den Moderator an. Ums Kerngeschäft hingegen hatte sich offenbar keiner gekümmert. Man hätte die Wette zum Wettkämpfen weiter entwickeln können. Oder die Zuschauer zu Hause einbinden, so wie sie es von den Shows bei RTL oder ProSieben gewohnt sind.
Kein Ersatz, keine Alternative
Das größte Problem war, dass Lanz selbst die Bühne nicht ausfüllte. Je mehr er strampelte, desto weiter entfernte der Talker sich von dem Ziel, Showmaster zu sein. Meist sah es aus, als würde jemand "Wetten, das..?" nachspielen. Selbst Hollywood-Stars wirkten auf der Couch wie geschrumpft. Und wenn es stimmt, was man aus dem ZDF hört, dann hat es in letzter Zeit häufig geknirscht zwischen der Redaktion und den Lanz-Beratern.
Das Schlimmste aber ist, dass einem bis heute kaum jemand einfällt, dem man die Sendung an seiner Stelle anvertraut hätte. Bis auf Günther Jauch und Barbara Schöneberger, die man sich grundsätzlich in jeder Show vorstellen könnte. Das sagt viel über den Zustand der TV-Unterhaltung aus.
Das Ende kam mit Ankündigung, nur wollte es keiner wahrhaben. Unterhaltungschef Oliver Fuchs erklärte in Interviews tapfer, man habe bis zum nächsten Jahr schon Hallen gebucht. Programmdirektor Norbert Himmler sagte, er stehe fest zu Markus Lanz. Da war dem Intendanten Thomas Bellut die Sendung längst lästig geworden. Hatte der Sender jahrzehntelang prächtig von "Wetten, dass..?" gelebt, drohte die Show nun geschäftsschädigend zu werden. Bellut exekutierte kalt. Per Zeitungsinterview teilte er seine Zweifel an der Zukunft der Sendung mit. Lanz soll darüber sehr wütend gewesen sein.
Nein, es konnte so nicht weitergehen. Aber so arm, wie die Sender zurzeit an Ideen sind, darf man sicher sein, dass es irgendwann in den nächsten Jahren ein Remake von "Wetten, dass..?" geben wird, moderiert von wem auch immer.