"Maybrit Illner" zum Jamaika-Aus "Die SPD kann sich nicht wie ein trotziges Kind verhalten"

Moderatorin Illner (M.) mit ihren Gästen
Foto: ZDF/Svea PietschmannMit einer "Kanzlerin ohne Mehrheit", fragt Maybrit Illner, "muss Deutschland wieder wählen?" Müsste man aus ihrer Sendung eine Antwort filtern, dann wäre das ein deutliches: "Hoffentlich nicht!" - mit einer Gegenstimme.
Nicola Beer, Generalsekretärin der FDP, kann sich durchaus vorstellen, dass ihre Partei bei Neuwahlen "mehr Unterstützung sammeln" würde für ihre Positionen. Welche das sein könnten und warum genau die FDP aus den Sondierungen marschiert ist, mag auch Beer nicht so konkret sagen. Sie bleibt bei Christian Lindners Einschätzung, der "Gesamteindruck" sei eben nicht ideal gewesen.
Illner hakt nach, unterstützt von Cem Özdemir: "Jetzt frage ich Sie: Was war der inhaltliche Punkt? Ich hab's nur noch nicht verstanden!" Naja, meint Beer, man habe da irgendwelche "Transfertöpfe à la Macron" aufmachen wollen "für Europa", und das habe die "europafreundliche" FDP nicht mittragen wollen. Özdemir verdutzt: "Die gab es doch gar nicht", diese Töpfe: "Wir wollten sie und haben sie nicht bekommen!"
.@nicolabeerfdp : Die endgültige Entscheidung ist um 22 Uhr, als wir zusammensaßen, getroffen worden. #JamaikaAus #FDP #illner
— maybrit illner (@maybritillner) November 23, 2017
Bundesinnenminister Thomas de Maizière endlich verfügt mit der ganzen Autorität seines Amtes, dass nun über die Zukunft geredet werde. Was wird denn nun? Der Mann beruhigt und erinnert daran, dass Deutschland auch derzeit ganz solide regiert werde. Damit widerspricht er Özdemir, der "dankbar" ist, dass mit Frankreich derzeit "wenigstens ein großes Land in Europa handlungsfähig ist".
Unbeliebter als eine Neuwahl wäre nur eine Minderheitsregierung unter Führung einer Kanzlerin auf Abruf. "Neuwahlen sollte man vermeiden", sagt de Maizière, "man sollte sie aber nicht scheuen". Özdemir deutet auf den Elefant im Raum: "In dieser Runde ist eine Partei nicht vertreten, die AfD, die sitzt aber im Bundestag." In Österreich sei so lange groß koaliert und damit der rechte Rand gestärkt worden, bis die beiden Volksparteien gemeinsam keine Mehrheit mehr gehabt hätten.
Maas: "Es ist schön, wie nett auf einmal alle zur SPD sind"
Einen weiteren Versuch mit Jamaika will Beer, anders als Lindner, nach möglichen Neuwahlen nicht ausschließen: "Mal sehen, ob es bei Anderen eine Lernkurve gibt." Darauf de Maizière: "Die wollen Sie aber bei Ihnen nicht ausschließen?" Und von der Seite frotzelt Heiko Maas, SPD: "Die wäre bei Ihnen am steilsten!" Als Beer noch einstreut, die FDP betreibe hier "keine parteipolitische Spielchen", ist das Gelächter in der Runde unisono und herzlich.
Video: Letzte Ausfahrt GroKo?
Zwar kennt kein Sport die Situation, dass "der Ball im Feld des Gegners" liegt und alle abwarten, was der nun damit anstellt. Die Metapher trifft aber dennoch auf die SPD zu, die sich nun "zu bewegen" habe - da sind sich auch alle einig, selbst Maas. Der klausuliert zwar noch herum, sagt "man kann nicht immer Große Koalition machen" und zickt, es seien plötzlich "alle so nett zu der SPD". Hier werde "so verantwortungsvoll dahergeredet, als ob wir uns in einer großen Krise befänden!"
Gleichwohl könne sich seine Partei "nicht wie ein trotziges Kind verhalten". Die Beschlusslage, für eine Große Koalition nicht zur Verfügung zu stehen, müsse in den Gremien neu verhandelt werden: "Wir reden gerade darüber, ob wir diesen Beschluss, den wir gefasst haben, behalten oder ob wir Gespräche führen." Wenn nämlich, was Gott bewahre, die SPD sich doch "noch bewegen soll", dann könne sie das "nur in großer Geschlossenheit hinbekommen". Ein kategorisches "Nein!" klingt anders.
.@HeikoMaas : Es ist nicht die #SPD, die diese Situation zu verantworten hat. Wir reden doch gerade darüber, ob wir Gespräche führen. #SPD #GroKo #Schulz #JamaikaAus #illner
— maybrit illner (@maybritillner) November 23, 2017
Eine Personaldebatte gibt es nach Darstellung von Maas derzeit innerhalb der SPD-Führung nicht. Entsprechende Gerüchte seien "alles Käse", sagte Maas. "Es hat in dieser Runde niemand Martin Schulz den Rücktritt nahegelegt, es hat niemand sich selbst vorgeschlagen als Gegenkandidat für den Parteitag, und Martin Schulz hat seinen Rücktritt auch nicht angeboten
Zuvor war Maas von allen Seiten zugesetzt worden.
"Nach dem Scheitern von Jamaika diesen Beschluss noch einmal zu bekräftigen, das fand ich amateurhaft", beschwert sich Politikberater Michael Spreng. Kristina Dunz von der "Rheinischen Post" schlägt in die gleiche Kerbe: "Am Wahlabend war das eine andere Situation. Aber jetzt gibt es eine ganz neue Lage." Und Thomas de Maizière mahnt in Anlehnung an Franz Müntefering: "Opposition ist Mist. Opposition ist aber auch bequem" - im Gegensatz zum Regieren.
Als Maas von Illner gefragt wird: "Wen würden Sie tolerieren: Schwarz-Grün oder Schwarz-Gelb?", da antwortet er sofort und scharf: "Keinen."
Müsste man aus dieser Sendung eine Prognose destillieren, dann bestünde die darin, dass die SPD sich demnächst bewegen wird, mit oder ohne Schulz, und ihrer angemahnten "Verantwortung" für das Land folgt. Sie ist bereits im Rückwärtsgang. Und dabei, ihren Preis hochzutreiben.