
Umstrittener Grosny-Auftritt: Promis und Tänzer in der Kritik
MDR-Fernsehballett Beinchen hoch für Brüderchen Diktator
Hamburg/Berlin - Hilary Swank hat ein Liedchen geträllert, Geigerin Vanessa Mae gefiedelt, und auch der unkaputtbare Action-Darsteller Jean-Claude van Damme machte seine Aufwartung. Lobenswert war der Einsatz der Promis für die Feier zum 35. Geburtstag von Tschetscheniens Präsident Ramsan Kadyrow (35) sicherlich nicht - aber als privatwirtschaftlich organisierte Künstler kann man ihnen daraus auch keinen Strick drehen.
Doch nun wurde bekannt, dass auch das MDR-Fernsehballett bei der Sause für den umstrittenen Machthaber Anfang Oktober mitmischte. Und das wird zum Teil mit öffentlich-rechtlichen Geldern finanziert. Wie die "Bild am Sonntag" in ihrer aktuellen Ausgabe berichtet, sei das Ballett gemeinsam mit dem Zauberer Jan Rouven bei der Gala-Veranstaltung in Grosny aufgetreten.
Offizieller Anlass der Party war der "Tag der Stadt Grosny", doch passenderweise hatte der Machthaber am selben Tag Geburtstag. Menschenrechtler werfen Kadyrow Verstrickungen in Auftragsmorde und Verschleppungen vor, entsprechend umstritten sind Auftritte von Stars an seiner Seite. Hilary Swank sah das auch ein und entschuldigte sich wenig später in einem öffentlichen Statement.
Skandal reiht sich an Skandal
Vom MDR-Fernsehballett fehlt eine solche Entschuldigung bislang. Überhaupt scheinen moralische Abwägungen in Bezug auf das im tschetschenischen Fernsehen übertragene Event nicht stattgefunden zu haben. Gegenüber "Bild am Sonntag" sagte Fernsehballett-Geschäftsführer Bodo Bergmann, dass es lediglich Bedenken in Sachen Sicherheit, nicht aber in politischer Hinsicht gegeben habe. Nun will Amnesty International das Ballett zu den Vorwürfen befragen.
Für den MDR ist der Geburtstagsgruß an den Diktatoren ein weiterer Skandal in einem an Affären reichen Jahr. Zu Kika-Prozess, Betrugsaffäre und Intendantenwahl-Eklat kommt jetzt auch noch ein schwerwiegender politischer Fehltritt hinzu.
Und damit nicht genug: Nach Informationen des SPIEGEL haben Kontrolleure des Sächsischen Rechnungshofes offenbar entdeckt, dass der Sender fortwährend gegen seine eigenen Anlagegrundsätze verstoßen hat. Die Kanalspitze soll zudem einst den Bau von Sendergebäuden dubiosen Fonds überlassen haben, um die Immobilien anschließend zu teilweise überteuerten Mieten wieder zu übernehmen. Davon haben vor allem reiche Privatinvestoren profitiert.
Der MDR sagt heute, man habe sich nur "mit Blick auf das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit" für eine Leasing-Finanzierung entschieden. Der Verwaltungsrat will nun "alles auf den Prüfstand" stellen.