
Vorzeitiges Ende von Sat.1-Soap "Mila" Aus für Sexismus am Vorabend
Es gab ja schon mal eine ziemlich erfolgreiche "Mila" im deutschen Fernsehen: Eine japanische Volleyballspielerin, die in der Anime-Reihe "Mila Superstar" in den Neunzigern im ZDF-Kinderprogramm sportelte und als eine der Pionierinnen der an Mädchen gerichteten Manga-Sparte gilt.
Jetzt steht fest, dass sie im kollektiven TV-Gedächtnis auch die einzige Mila bleiben wird. Nach nur zehn Tagen hat Sat.1 die Vorabendserie "Mila" um eine 30-jährige Berliner Journalistin auf Männersuche abgesetzt: "Mila" hatte beim Publikum ab drei Jahren 3,5 Prozent Marktanteil, beim werberelevanten Publikum zwischen 14 und 49 knapp 5 Prozent.
Das ist ein Glück - denn die miesen Quoten waren absolut berechtigt: Angekündigt wurde "Mila" als neu, frisch und anders. Aus dem Pressetext: "Sie lässt sich nicht unterkriegen, kämpft für ihre Überzeugung." Tatsächlich stellte sich ziemlich schnell heraus, wie wenig ein selbstbestimmtes Frauenbild - egal wie niedrig man den Anspruch an dieses ansetzt - und traditioneller Vorabendschmonz unter einen Hut zu bringen sind.
Mila (Susan Sideropoulos) sollte auf der einen Seite eine sein, die allein die Nacht durchtanzt. Die erst mal nicht aus der Bahn zu werfen ist, weil ihr die ehemalige Studienfreundin opulent schwanger über den Weg läuft. Andererseits aber eben auch eine, die, nachdem ihre Mutter sagt, sie werde auf der "Resterampe" enden, dieser nicht den naheliegenden Mittelfinger zeigt. Sondern anfängt, zu weinen und sich selbst auferlegt, bis zum Hochzeitstag der Schwester den Mann des Lebens gefunden zu haben.
Frauen ohne Visionen
Während frühere TV-Frauenneurosen wie die Daily "Verliebt in Berlin" oder die Comedy "Doctor's Diary" auch funktionierten, weil sie gar nicht verhehlten, dass Frauen ziemlich viel machten und mit sich machen ließen, um an den Mann zu kommen, entstand bei "Mila" dadurch, dass der Inhalt permanent auseinanderdriftete, ein gerade zu heuchlerischer Eindruck: Mila sollte glücklich sein allein, aber gleichzeitig die traditionelle Soap-Mär bedienen, dass ein (Frauen-)Leben ohne Mann kein vollkommenes ist.
Eine, die so widersprüchliche Charaktereigenschaften vereinen sollte, konnte natürlich gar keinen richtigen Charakter entwickeln. Zwischenzeitlich wirkte es gar so, als habe ihr vor allem weibliches Umfeld Mila einfach nur eingeredet, dass sie jetzt aber mal einen Freund brauche.
Was besonders deshalb bitter war, weil die gesammelte Frauenbagage so dermaßen oberflächlich weibliche Klischees versammelte: Die Mutter: ein verbitterter Hausdrachen, die sich zwischen ihren Waxing-Terminen in Statuskämpfe um Geld und Stil verzettelte. Ein süße Schwester mit noch süßerer Flechtfrisur, die nur da zu sein schien, um einen Medizinstudenten zu heiraten - immerhin bescherte ihre Blassheit der Serie einen der besten, da entlarvendsten Momente, als sie sich bei der Hochzeitsplanung beschwerte: "Wieso fragt mich eigentlich keiner nach meiner Vision?" Antwort vom Verlobten: "Hast du denn eine?" Stille.
Und natürlich fehlte auch nicht der Typ einsame Karrierefrau, die doch Gefühle hat: Milas Chefin trug die blassblonden Haare dünn gescheitelt und den Mund verkniffen, wenn sie erzählte, wie sie es durch die gläserne Decke geschafft hatte. Natürlich weinte sie aber trotzdem heimlich auf der Toilette und kuschelte mit ihrem Tablet, weil sonst keiner da war.
Vor Neurosen geschüttelte Menschen können für eine Geschichte ein großartiger Antrieb sein, wenn sie mit Ironie gespickt, auf beide Geschlechter verteilt und trotz allem noch mit einer differenzierenden Empathie ausgeleuchtet werden. Wenn sie aber dermaßen lieblos gezeichnet werden, sind sie vor allem eins: humorlose, sexistische Stereotype.
Weiter soll "Mila" übrigens noch auf dem Sat1-Schwestersender Sixx versendet werden. Man wolle "die Geschichte zur besten Sendezeit sinnvoll zu Ende erzählen", so der Sender.
Ob Mila am Ende also doch noch einen Mann bekommt? Von der ersten Folge an bot sich der gut aussehende, aber bierernste Redaktionsfotograf als Kandidat an. Seine Qualitäten liegen vor allem darin, nicht darüber zu lachen, wenn ein schmieriger Vorgesetzter Zoten über weibliche Kolleginnen reißt. Sollte er sich am Ende tatsächlich als Traumprinz entpuppen?
Das wäre so traurig, dass man hofft, "Mila" möge doch einfach sofort enden, für immer unbeachtet im Singlestatus eingefroren.