
US-Serie "Girls": Gestümper unter Bettlaken
US-Serie "Girls" Schlechter Sex in der City
"Sex ist total überbewertet", sagt Marnie (Allison Williams) zu Shoshanna (Zosia Mamet), als die ihr mit bebenden Lippen gesteht, mit Mitte zwanzig immer noch Jungfrau zu sein. Marnies zweiter Trostversuch ist auch nicht gelungener: "Ich habe mal einen Welpen angefahren, als ich noch den Führerschein auf Probe hatte."
Klar ist Sex total überbewertet. Vor allem wenn man solchen hat wie die vier New Yorker Freundinnen in der amerikanischen Comedy-Serie "Girls", lakonischer Nachfolger von "Sex and the City" des US-Senders HBO.
Hannah (Lena Dunham) tut's mit einem Narzissten, der auf Erniedrigung abfährt. Marnies gutausehender Beau ist ein einfühlsamer Langweiler, und der Quickie in der Bar, mit dem sich Shoshannas britische Globetrotter-Cousine Jessa (Jemima Kirke) auf andere Gedanken bringen will, endet auch nicht eben lustvoll.
So wenig Glamour war nie in New Yorker Betten. Samantha Jones würde erblassen angesichts von so viel Gestolper, Gestotter und Gestümper unter den Laken. Aber was könnte einem die Lust schneller versauen als vom Freund mit demselben Kosenamen angesprochen zu werden wie vom eigenen Vater?
"Sex and the City" machte Sex aus Frauensicht 1998 zum Gesprächsthema und schraubte die Ansprüche in schwindelige Höhen: Sex ist Spaß! Sex ist Freiheit! Sex ist Selbstbestätigung! Die vier Protagonistinnen der Serie kreisen in Manhattan um Manolo Blahniks, Martinis und Männer.
Sex: peinlich wie im echten Leben?
Mit "Girls" folgt vierzehn Jahre später der Gegenentwurf, geschrieben von Hauptdarstellerin Lena Dunham: Vier Mittzwanzigerinnen ringen in Brooklyn ums finanzielle Oberwasser und ein halbwegs aufregendes Beziehungsleben. Anstatt in einer Glitzerwelt bewegen sich diese Frauen vor einer blassen Kulisse, die bisweilen vage an einen alten Woody-Allen-Film erinnert.
Sex ist hier peinlich, angestrengt, unbefriedigend, und er findet zwischen Leuten mit Bauchspeck und Hüftgold statt, wie im richtigen Leben. "Realismus?", fragte das amerikanische Internet-Magazin "Slate" spitz, "oder altmodischer Moralismus, clever verpackt für ein neues Zeitalter?"
Noch nie, bemängelt das Magazin, sei Sex derart spaßlos dahergekommen, und dass keine dieser jungen Frauen zumindest nach einer Party aufregenden Sex habe, sei bei allem hochgelobten Realismus der Serie sträflich unrealistisch.
Vielleicht muss man noch einmal ein paar Folgen von "Sex and the City" schauen, um Lena Dunhams ironische Dekonstruktion der weiblichen Libido so richtig schätzen zu können. Die peinlichen Momente im Bett illustrieren ihren Scharfsinn fürs Wesentliche: die absurden Spiralen menschlicher Beziehungen, die mühevollen Versuche, in einer Anything-Goes-Welt nicht unter die Räder zu kommen, die peinlichen und doch wahrhaftigen Momente, in denen es schon okay ist, die Form nicht wahren zu können.
Wenn der Sex schlecht ist, die Eltern einem den Geldhahn abdrehen und man den Praktikantenjob verliert, ist es in Ordnung, sich statt mit einem Martini mit einem Opium-Tee zu trösten. "Du bist eine Vision, und du bist ein Genie", sagt Hannah zu ihren Freundinnen Jessa und Marnie, "ihr seid beide Sexgöttinnen, und wenn ich euch anschaue, spielt in meinem Herzen ein Song von Coldplay."
Die Pilotfolge von "Girls" ist in Deutschland ab Herbst auf dem Pay-TV-Kanal Glitz zu sehen, dem neuen Frauen- und Lifestylesender von Turner Broadcasting System Deutschland.