Verfälschte Online-Votings NDR hat bei elf Unterhaltungsshows manipuliert

Der ZDF-Skandal um "Deutschlands Beste!" ist kaum ausgestanden, jetzt hat der NDR seine Manipulationsaffäre: Der Sender gibt zu, bei fast einem Dutzend Sendungen Rankings von Online-Abstimmungen verändert zu haben.
NDR-Intendant Lutz Marmor: Manipulationen "nicht hinnehmbar"

NDR-Intendant Lutz Marmor: Manipulationen "nicht hinnehmbar"

Foto: Arne Dedert/ picture alliance / dpa

Hamburg - Erst das ZDF, nun der NDR: Bei insgesamt elf Unterhaltungssendungen in Fernsehen und Radio, die auf Online-Votings basierten, haben Redaktionen nachträglich die Rangfolgen der Rankings verändert. Das teilte der Sender jetzt mit . Beim ZDF hatte der Skandal um Manipulationen bei der TV-Show "Deutschlands Beste" dazu geführt, dass Unterhaltungschef Oliver Fuchs zurücktreten musste und der Programmausschuss eine Missbilligung der manipulierten Show empfahl.

Die Gründe für die Manipulationen beim NDR sind dem Sender zufolge unterschiedlich: "Weil Bildrechte fehlten, die Materiallage schlecht war oder aus dramaturgischen Gründen wichen einzelne Platzierungen in sogenannten Ranking-Sendungen vom Online-Voting ab." So habe es etwa für die "Top Flops Gala 2013" zwar ein Online-Ranking gegeben, die "Schlussauswahl" habe jedoch die Redaktion getroffen - ohne dies öffentlich zu machen.

Betroffen waren dem NDR zufolge unter anderem auch die TV-Sendungen "Die bedeutendsten Norddeutschen", "Die spektakulärsten Rücktritte" und "Die beliebtesten Party-Hits" - außerdem habe es Unregelmäßigkeiten bei zwei Hitparaden im Radioprogramm gegeben. Redakteure hätten durch nachträgliche Veränderungen der Rankings beispielsweise offensichtliche Mehrfachabstimmung im Internet ausgleichen wollen.

NDR-Intendant Marmor: "nicht hinnehmbar"

Der Sender ließ seinen eigenen Angaben zufolge nach dem jüngsten Skandal um "Deutschlands Beste!" allein 56 TV-Shows aus dem Zeitraum zwischen 2011 und 2014 untersuchen, die auf Abstimmungen im Internet basierten. Von den Sendungen, bei denen Redaktionen die Reihenfolge des Rankings nachträglich verändert hätten, sei keine für das ARD-Hauptprogramm im "Ersten" produziert worden, hieß es weiter. Zudem seien keine Protagonisten des Senders bevorzugt worden.

NDR-Intendant Lutz Marmor erklärte laut der Mitteilung, die festgestellten Fälle seien "nicht hinnehmbar, vor allem auch weil sie nicht transparent gemacht wurden". Der NDR werde "zukünftig alles dafür tun, selbst geringfügige Abweichungen zu vermeiden und offen darzulegen, wenn sie im Ausnahmefall redaktionell geboten sind". Marmor kündigte Leitlinien zum Umgang mit Online-Votings an, Abstimmungen im Internet sollen zudem künftig seltener zum Einsatz kommen.

Der NDR ist offenbar bemüht, einen größeren Skandal wie zuletzt beim ZDF von vornherein zu vermeiden. So rügte der Vorstand des NDR-Rundfunkrates zwar die Manipulationen, und die Vorstandsvorsitzende Ute Schildt erklärte in einer Mitteilung , dass "wichtige Grundsätze missachtet worden" seien. Sie hob jedoch zugleich hervor, dass die nun veröffentlichten Manipulationen das Ergebnis einer Untersuchung seien, "die der Intendant frühzeitig in Auftrag gegeben hat". Noch im Dezember werde der Vorstand des Rundfunkrates mit Intendant Marmor und den NDR-Programmdirektoren über Schritte beraten, "um einem möglichen Vertrauensverlust entgegenzuwirken".

mxw
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