
"Germany's Next Topmodel": Heidi und Joops "Great face!"
Neue Staffel "Germany's Next Topmodel" Sexbraten, Leberwurstbrote und Laufsteaks
Gerade hatte Larissa, die ehemalige "Germanys next Topmodel"-Kombattantin, beim Dschungelcamp noch nachhaltig demonstriert, dass Aufmüpfigkeit und eigener Kopf attraktiver und am Ende auch menschlicher erscheinen als fade Funktionierfreude. Beim Start in die neue Staffel von "GNTM" war am Donnerstagabend leider noch keine würdige Schrägköpfchen-Nachfolgerin in Sicht. Der Auftakt im Schnellcheck.
Was ist neu? Es ist bereits die neunte Auflage der Gestellbeschau. Das Original, die US-Version "America's Next Top Model" mit Tyra Banks, leistet sich zwischendurch immer wieder mal Spezialausgaben, in der zum Beispiel eher kleingewachsene Petit-Models oder Jungs und Mädchen miteinander konkurrieren. "GNTM" scheint sich auch in der neunten Staffel auf die hinlänglich bekannte Standardhinundherlauferei zu kaprizieren. Einzige erkennbare Neuerung ist der neue Juror, Designeule Wolfgang Joop.
Wie ist der Joop? Bislang angenehm und unterhaltsam. Er begutachtete die Mädchen bei der Erstsortierung mit freundlicher Echsenhaftigkeit und gut gemimtem Kennerblick, vertrieb sich die endlose Langbeinparade wie ein höflich-gelangweiltes Bürgerskind mit Herummalerei in Stillarbeit - er fertigte Kreideporträts einiger Kandidatinnen an: "Nobody can do portaits like me!"
Wunderlichste Abholsituation: Nachdem Heidi Klum in der vergangenen Staffel ihre Kandidatinnen aus Hühnerstall und Kirche abholte, eskortierte sie nun ein Mädchen aus einem Kinderheim. Juror Thomas Hayo durfte sich als zweite Abholkraft endlich mal wieder als Cowboy hoch zu Ross gerieren und verkleidete sich dann in der bayerischen Provinz mittels eines Trachtenhütchens quasi bis zur Unkenntlichkeit. Da geht noch mehr: Vielleicht könnte er nächste Staffel eine schöne Tretbootverleiherin im Piratenkostüm oder eine aparte Geschichtsstudentin im Napoleonsgewand aufsammeln. Hauptsache, irgendwer krempelt ihm endlich mal die notorisch achselwärts hochgerollten Bizepsprotzärmel runter.
Gelieb-hasste Marotte: Wolfgang Joops Englisch-Anfälle. Traditionell demonstrieren Juroren bei "GNTM" ihre unüberwindliche Zwangsinternationalität gerne mit ihrer Unfähigkeit, einfach ganz normal Deutsch zu sprechen. Rolf "Rolfe" Schneider französelte sich durch seine Juryauftritte, Thomas Hayo pappte immer wieder englische Crazycreative-Buzzwords in seine Judgements. Joop übertrifft sie alle, spricht zeitweise gänzlich Englisch: "Great Face." "I love the ears." "You are supercute." "Very teasing." "Too much fairytale." Funny, der Wolle.
Nervigste Regieidee: Nie wurde Product-Placement dumm-aggressiver eingebunden. Neben der obligaten Schminke "freuen" sich die Mädchen "überrascht" über ein "sehr gut riechendes" Parfumgeschenk, und Thomas Hayo lässt sein Werbeauto eine SMS an Heidi schreiben - ein Hauch von K.I.T.T., nur in fad.
Zitierwürdigste Sätze: Stammen samt und sonders von Joop, "Die Boobs stehen in Konkurrenz zum Kopf", "Sie ist mir zu sehr Sexbraten." "Privat bist du superschön." Kandidatin Lisa ist Anwärterin für die diesjährige Dummi-Spruchlieferantin. "Ich will auf die großen Laufsteaks." Bei der gemeinsamen Reise nach Singapur bekam sie von ihren Konkurrentinnen allerdings durchaus Doofi-Schützenhilfe: "Gibt es in Asien überhaupt Länder?" Thomas Hayo sorgte immerhin für einen Lacher, als er die Komplexität seiner Juryaufgabe erläuterte: "Du willst ihnen Tipps geben und musst auch noch analytisch denken."
Unsubtilste Subtil-Botschaft: Bei uns wird nicht gehungert! Eine Message, die nicht nur dadurch unterstrichen wird, dass zwei Kandidatinnen nach Hause geschickt werden, weil sie zu dünn sind. Sondern vor allem durch Heidis ostentative Dauer-Vesperei: Mit bauerntheaterhaftem Hunger-hunger-mjam-mjam-Appeal verzehrt sie im Lauf der Sendung in bizarrer Ausführlichkeit ein Leberwurstbrot und einen Döner - und hätte fast noch dem Heimkind sein Mett weggespachtelt, das sie ebenfalls anlüsterte. Auch mit unterbewusster Hirnprogrammierung wurde gearbeitet: Eine der erfolgreich in die nächste Runde vorgerückten Kandidatinnen trug ein Shirt mit der Aufschrift "Schnitzel and Noodles".
Bester "Drama, Baby"-Moment: Schon während der Sendung klagte die Klumsche über Fieber, zog ihren Job aber beinhart und im Ivan-Drago-Style durch: Keine Schmerzen! In der Vorschau zur nächsten Folge sieht man sie dann prompt auf der Trage: Spritzen, Infusionen und leicht wirres Gestammel: "Mal ist es heiß, dann ist es kalt, dann ist es heiß, dann ist es kalt." Leberwurst-Döner-Vergiftung oder Sturz-Klimakterium? Wir bleiben dran!