Sat.1-Sendung "Newtopia" Unter Fake-Verdacht

"Newtopia": Scripted statt nur Reality?
Foto: SAT.1Mehr Einblicke als wohl gewollt hat Sat.1 den Zuschauern seines Reality-Formats "Newtopia" gewährt. Bei einer nächtlichen Besprechung von Kandidaten mit den Produzenten lief eine Kamera mit, an die allem Anschein nach keiner gedacht hatte. Nun geht es um eine Frage, die sich schon viele Zuschauer gestellt haben: Bekommen die Bewohner von außen Regieanweisungen?
Sat.1 bat am Montag um Entschuldigung. In einem Statement bei Facebook hieß es: "Heute in der Nacht war eine Mitarbeiterin der 'Newtopia'-Produktionsfirma Talpa Germany offensichtlich bei den Pionieren in der 'Newtopia'-Scheune. Sie hat von sich selbst gesagt, dass sie betrunken sei, und dann mit den Pionieren über die Zukunft von 'Newtopia' gesprochen. Dieses Gespräch konnte man über die 360-Grad-Kamera verfolgen."
Sat.1 bestätigte damit Angaben von dwdl.de zum Vorfall in der Nacht auf Montag. Der Mediendienst hatte am Montagmorgen ein ausführliches Protokoll des Gesprächs veröffentlicht , dem zufolge die Produzentin Kandidaten konkrete Vorschläge für künftige Handlungstränge gab.
"Noch mehr, mehr, mehr"
In "Newtopia" leben 15 Menschen ein ganzes Jahr lang in einer Enklave in Brandenburg, begleitet von 105 Kameras. Von Sat.1 als "größtes TV-Experiment aller Zeiten" angekündigt, das zeigen soll, wie sich Menschen eine neue Gesellschaftsordnung schaffen, startete "Newtopia" am 23. Februar. Nach anfangs guten Quoten ist das Zuschauerinteresse mittlerweile deutlich zurückgegangen - womöglich ein Grund, weshalb die Produzentin das Gespräch mit den Kandidaten suchte.
Auf dem Mitschnitt spricht eine Vertreterin der Produktionsfirma: "Ich telefoniere wirklich täglich mit (Produzent) John de Mol." Und weiter: "Es geht immer darum: noch mehr, mehr, mehr. Natürlich gibt es immer wieder Wünsche." Gefragt seien "große Projekte", etwa dass Bewohner ein Baumhaus bauen oder Tätowierungen anbieten.
Im nächtlichen Gespräch melden sich auch Kandidaten zu Wort. Einer wirft den Machern vor, sie würden Entscheidungen nur mit manchen Bewohnern treffen. Das sei intransparent. "Warum werden einzelne Leute in so eine Geschichte eingeweiht? Wenn der Sender Regieanweisungen hereingibt, warum schickt er dann nicht jemanden Verantwortlichen herein und wir setzen uns zusammen und diskutieren das aus?"
Zu der Panne gab Sat.1 weiter bekannt: "Diese Aktion war nicht mit dem Sender Sat.1 abgesprochen. Trotzdem entschuldigen wir uns aufrichtig dafür. Solche Gespräche sind nicht im Interesse von Sat.1. Wir, das Team von Sat.1, klären gerade auf, wie es zu diesem Vorfall hat kommen können. Wir werden euch so schnell wie möglich über die Hintergründe informieren." Sat.1 warb immer damit, dass bei "Newtopia" nichts gestellt sei. So hatte Unterhaltungschef Taco Ketelaar gesagt: "Das Programm ist echt, es ist authentisch."
Fans reagierten sauer: "Da das Lügenmärchen nun endgültig aufgeflogen ist und es niemand mehr leugnen kann - ist eine sofortige Absetzung von 'Newtopia' das Beste", schrieb ein Facebook-Nutzer. Die "Newtopia"-Macher betonten in einer Antwort: "Eine Absetzung der Sendung wird es aber nicht geben, denn Sat.1 und wir glauben weiterhin an das Format und unsere Pioniere." Eine andere Nutzerin mahnte: "Zur Erinnerung das Konzept von 'Newtopia': 15 Pioniere sollen unbeeinflusst und aus eigener Kraft eine neue Gesellschaft aufbauen." In einer Antwort der Produzenten darauf hieß es, die "doofe Aktion" sei "in dieser Art und Weise (...) einmalig gewesen."