
Ottfried Fischer: Der Abschied von "Ottis Schlachthof"
Ottfried Fischer Der "Schlachthof" schließt
Was passiert, wenn es den "Schlachthof" nicht mehr gibt? "Dann wird Lothar Matthäus Trainer bei den Sechz'gern", warnte Fischer in der Eingangspredigt seiner letzten Sendung. Und es kommt noch doller: In einer apokalyptischen Nachwelt werde Gabriele Pauli die Macht an sich reißen und "die frühchristliche Zeit in Bayern" beenden.
Am Freitagabend sendete der Bayerische Rundfunk die letzte Folge von "Ottis Schlachthof". Stolze 17 Jahre lang versammelte Ottfried Fischer Humorschaffende am typisch bayerischen Stammtisch. Dort wurde einmal im Monat bei Weißbier zünftig gequatscht, gewitzelt und musiziert. Doch nach über 170 Folgen hat es sich nun ausgeprostet - aufgrund seiner Parkinson-Erkrankung verzichtet Fischer "vorsichtshalber" auf weitere Sendungen von "Ottis Schlachthof".
Als wolle er sein Finale herauszögern, startete "Ottis Schlachthof" einige Minuten später als gewohnt. Beim Anschauen der letzten Minuten der vorangehenden quietschfidelen Theaterstadl-Sendung "Die Komiker" lernt man die kulturvermittelnde Leistung des "Schlachthofs" umso mehr schätzen. Schließlich gelang es der Show stets, bayerischen Humor den Preißn aufzubereiten.
Seit 1995 bot "Ottis Schlachthof" sowohl renommierten Künstlern als auch hoffnungsvollen Talenten eine Bühne. Dabei legte Fischer großen Wert darauf, besonders Humoristen aus dem Freistaat zu fördern. Bruno Jonas, Michael Mittermeier oder Richard Rogler - sie alle waren hier zu Gast. Und prominente Namen wie Django Asül oder Martina Schwarzmann erlebten ihre ersten Auftritte im Münchener Wirtshaus im Schlachthof - so auch Michael Altinger.
Die Leichtigkeit eines Dickhäuters
Weil Fischers Krankheit am Freitagabend allzu oft hervorblitzte, bemühte sich "der Michi" am Ablauf der Show festzuhalten - höchst reputierlich, hätte er sich dadurch nicht unablässlich in den Vordergrund gedrängt. Dauernd suchte er den Blick zur Aufnahmeleitung und lachte auffallend laut und falsch. Umso angenehmer, wenn Fischer das Szepter an sich riss und durchschien, dass die Krankheit seinem Witz nicht geschadet hat. Seine nächste Tour trage den Titel "Ottfried Fischer - jetzt noch langsamer", sagte der Gastgeber schmunzelnd.
Tatsächlich ist eines seiner hervorstechendsten Merkmale stets der Mut zur augenzwinkernden Selbstgeißelung gewesen. Wenn ein Gag nicht sitzt, ist ihm das piepegal. Die Zeit, die er jeder verhunzten Pointe einräumt, lässt den Eindruck zu, dass er das wohlwollende Entsetzen seines Publikums beinahe genießt.
Klar, dass er auch von seinen Gästen vor Ort (unter anderem Monika Gruber, Christian Springer und Günter Grünwald) und via Einspieler (zum Beispiel Django Asül, Jochen Malmsheimer und Erwin Pelzig) das Fett weg bekam. Pelzig wünschte ihm etwa, dass er "keine Schlagzeilen mehr in der 'Bild'" haben werde. Fischer hatte mit seinem Privatleben immer wieder unrühmliche Schlagzeilen geschrieben: 2006 freute sich der Boulevard über einen Seitensprung des gewichtigen Bayern. Zwei Jahre später ging er mit seiner Parkinson-Erkrankungan die Öffentlichkeit, und im Herbst 2009 fütterte er die Regenbogenpresse weiter, als ans Licht kam, dass ihn zwei Prostituierte um etwa 32.000 Euro betrogen hatten.
Auch Urban Priol und Helmut Schleich orientierten sich an Fischers Vita. Sie parodierten Helmut Kohl und Franz Josef Strauß - extrem vorgestrig, aber aus gutem Grund: Sie verweisen auf das Jahr 1987, als sich Otti als bayerischer Ministerpräsident Strauß ausgab und am Telefon den österreichischen Bundespräsidenten Kurt Waldheim zu einer gemeinsamen Kutschfahrt auf dem Münchener Oktoberfest einlud. Es war Fischers Durchbruch als Humorist. "Ottis Schlachthof" bedeutete für ihn stets die Rückkehr zu seinen Wurzeln.
"Freude deshalb, weil's so schön war - nicht Trauer, weil's vorbei"
Zum Schluss verknüpfte "Schlachthof"-Urgestein Willy Astor die Vergangenheit und Zukunft Fischers. Mit dessen Band "Die Heimatlosen" performte er seine selbstkomponierte Lobhudelei "We are Fisherman's Friends". Ab dem 4. Dezember wird Otti in der Münchener Lach- und Schießgesellschaft mit den Musikern gemeinsam auftreten. Der Saal klatschte, einige sangen mit - eigentlich ein gebührender Abschluss, oder?
Nicht ganz: Die letzten Sekunden nutzte der Gastgeber, um sein Gedicht "Abschied vom Schlachthof" vorzutragen, das auf die Worte endet: "Freude deshalb, weil's so schön war - nicht Trauer, weil's vorbei" - stehende Ovationen. Eigentlich ein befriedigender Schlussakkord. Dann wendete sich Fischer doch nochmal an sein Publikum. Aber mehr als "Danke meine..." kam ihm nicht mehr über die Lippen, denn dann schaltete das BR die Sendung abrupt ab. Der Sendeplan kennt kein Erbarmen - nicht mal, wenn die Herrschaft Gabriele Paulis droht.