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Sat.1-Comedy: Pastewka spielt Pastewka

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"Pastewka" bei Sat.1 Hassobjekt aus Überzeugung

Wie mache ich mich flächendeckend unbeliebt? Keiner beherrscht diese Kunst so wie Bastian Pastewka in der nach ihm benannten Ego-Comedy auf Sat.1. Jetzt schon in der siebten Staffel.

Läuft. Das sagt der Künstler in seiner Rolle als "Pastewka" immer dann, wenn er von seinen Mitmenschen nicht weiter mit unangenehmen Dingen behelligt werden will. Wobei dann natürlich gar nichts läuft und alles aufs Schlimmste schief geht. Genau darin liegt die ganz erstaunliche Komik einer Serie, die selbst läuft und läuft und läuft. Seit 2005, was in diesem Geschäft eine Ewigkeit ist, hält "Pastewka" bei Sat.1 die Stellung am späteren Freitagabend - von einem taktischen Rückzug hinter die 22-Uhr-Linie mal abgesehen.

Die aktuelle Staffel, die am Freitag startet, wurde dieser Tage sogar vorab in ausgewählten und ausverkauften Lichtspielhäusern gefeiert. Womit spielerisch der Beweis erbracht wäre, dass diese Form der Unterhaltung nicht kleiner wird, wenn sie auf großer Leinwand läuft.

Nun gibt es Leute, denen Comedy generell zwar nicht ein Dorn im Auge, aber doch herzlich egal ist. Oft genug wird da kurzatmig auf die nächstliegende Pointe zugehampelt, und auch das sportlichste Grimassieren vermag als Selbstzweck nur drei oder vier Sketche weit zu tragen - dann stellt sich zuverlässig Überdruss ein. "Pastewka" funktioniert anders, nämlich nach dem Konstruktionsprinzip von "Curb Your Enthusiasm" ("Lass es, Larry").

"Ich tippe auf Wechseljahre"

In dieser weitgehend improvisierten US-Serie tat der "Seinfeld"-Erfinder Larry David so, als spiele er sich selbst als sarkastischen Misanthropen ohne jedes Gespür für andere Menschen. Ein solcher sozialer Schluckauf auf zwei Beinen ist auch Bastian Pastewka in "Pastewka". Von seinem Bruder (Matthias Matschke) wird er nicht verstanden, von seiner Nichte (Cristina do Rego) gehasst und vor allem von seinem Vater (Dietrich Hollinderbäumer) förmlich verachtet.

Es liebt ihn nur seine Freundin (Sonsee Neu) und das Publikum, das dafür wiederum von Pastewka insgeheim verachtet wird. Wie er auch seine Kollegin Anke Engelke verachtet: "Ich tippe auf Wechseljahre!"

Funktionieren kann das nur, wenn alle anderen Darsteller der Versuchung widerstehen, aus ihren eher realistisch angelegten Rollen zu fallen. Erst die schauspielerische Qualität und Spielfreude dieses langjährigen Ensembles stellt die nötige Fallhöhe her. Sie ist der Abgrund, in den Pastewka zuverlässig hineinstolpert.

Etwa, wenn er sich vor jugendlichen Bekannten seiner Freundin aufspielen will: "Ja-haa, ich drehe nämlich mit Anke Engelke für den Bayerischen Rundfunk ein einstündiges Special zum 30-Jährigen 'Sketchup'-Jubiläum!", worauf er nur ein verständnisloses "Was is'n 'Sketchup'?" erntet. Die Jungen finden eher "den Herbst geil: 'Stromberg'!" Worauf wiederum Pastewka ätzt: "Naja, obwohl viele Leute sagen, der kann halt auch nur die eine Rolle!" Eben so, wie er selbst als hoffnungsloser Soziopath stets in seine Rolle als Clown zurückfällt, um menschliche Regungen zu spielen. Weil er's nicht besser weiß.

Selbst das würde auf Dauer ermüden, wäre das Drehbuch nicht so präzise. Schleichend verflechten und steigern sich mehrere zunächst eher läppische Erzählstränge zu einer furiosen Katastrophe. In der ersten Folge wird Pastewka von einer Jüdin irrtümlich für einen Nazi gehalten, zufällige Begegnungen erhärten den Verdacht, und zuletzt muss Pastewka natürlich selbst zum Hitler werden. Wobei die Virtuosität sich vor allem darin zeigt, dass sogar ein längst absehbares Finale durch zusätzliche Eskalationen am Ende doch eine Absurdität erreicht, der man sich als Zuschauer kaum entziehen kann.

Das hat dann mit Comedy nichts mehr zu tun. Das ist schon Komik. "Pastewka" streckt sich hier zwar vergeblich nach den unvergesslichen Momenten eines Peter Sellers. Aber selbst im Scheitern erinnert es immerhin noch an die unvergesslichen Momente eines Louis de Funès. So ist es sicher kein Zufall, wenn Pastewka in einer Szene ein T-Shirt mit dem Bild des großen Franzosen trägt. Läuft.


"Pastewka", Freitag, 5. September 2014, 22.50 Uhr, Sat.1

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