Satirestreit mit Erdogan Richter lehnt komplettes Verbot von Böhmermann-Gedicht ab

Erdogan, Böhmermann
Foto: DPA/ Presidential Press Office/ SpataDas Hanseatische Oberlandesgericht (OLG) will am 15. Mai entscheiden, inwieweit es dem TV-Moderator Jan Böhmermann verbietet, ein "Schmähgedicht" auf den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zu wiederholen. Der Vorsitzende Richter des zuständigen Zivilsenats, Andreas Buske, ließ bei einem Berufungstermin durchblicken, man könnte das Gedicht in Teilen weiter untersagen.
Das Werk sei nach Ansicht des Gerichts Satire, so Buske. Wenn Satire aber in die Menschenwürde eingreife, "genießt sie keinen Schutz mehr". Zugleich gab er zu verstehen, man werde dem TV-Mann das Gedicht nicht komplett verbieten. (Lesen Sie hier den Text des Gedichts).
"Sorgfältig begründet"
Das Landgericht Hamburg hatte in erster Instanz 18 von 24 Zeilen kassiert. Sie griffen unzulässig in das Persönlichkeitsrecht von Erdogan ein. Buske sagte, dieses Urteil sei "sorgfältig begründet und durchaus nachvollziehbar".
Böhmermanns Anwalt Christian Schertz betonte, das Gedicht sei in Gänze rechtmäßig. "Wir werden nicht ruhen, bis wir dieses Verfahren gewinnen, und wir werden es gewinnen", sagte Schertz. Im Zweifel ziehe man vor das Bundesverfassungsgericht. Der Medienrechtler kritisierte, das OLG habe sich zu wenig in die Karten schauen lassen.
Erdogan dringt mit einer Anschlussberufung auf ein Komplettverbot. Böhmermanns Werk sei eine Beleidigungsorgie gegen das türkische Volk. Der Satiriker hatte das Gedicht mit dem Namen "Schmähkritik" Ende März 2016 in seiner TV-Sendung "Neo Magazin Royale" vorgetragen. Es löste eine diplomatische Krise aus.
In einer persönlichen Stellungnahme, die Anwalt Schertz vor dem OLG einreichte, erklärte Böhmermann, er habe mit dem Gedicht die Bundesregierung ermahnen wollen. Anlass für sein Werk sei der Streit um eine NDR-Satire im März 2016 gewesen, die sich mit Erdogan befasste. Daraufhin hatte die türkische Regierung den deutschen Botschafter einbestellt.
Die Bundesregierung, so Böhmermann, hätte sich damals in politischer Abhängigkeit von Erdogan befunden. Es sei ihr dadurch nicht möglich gewesen, "das Grundrecht auf die Freiheit von Wort, Presse und Kunst ausreichend zu wahren und zu verteidigen".
Bei dem Berufungstermin in Hamburg ließen sich Erdogan und Böhmermann von ihren Anwälten vertreten.